BERLIN. Auch fast sechs Jahre nach Bekanntwerden des Dieselskandals bleibt die Zahl der Klagen gegen Autobauer wie etwa Volkswagen und Daimler hoch. Wie aus einer Umfrage des Deutschen Richterbunds (DRB) bei den 24 Oberlandesgerichten in Deutschland hervorgeht, gab es an den Gerichten im vergangenen Jahr rund 30.000 neue Fälle anlässlich der Abgasmanipulation bei Dieselautos. Damit sei zwar nicht das Rekordniveau von 2019 erreicht worden (rund 40.000 Fälle), die Zahl sei aber fast dreimal so hoch wie noch 2018 (rund 10.000 Verfahren). Zuerst hatten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichtet.
»Fast sechs Jahre nach dem Auffliegen des Abgasskandals ist ein Ende der gerichtlichen Aufarbeitung noch nicht in Sicht«, sagte DRB-Bundesgeschäftsführer, Sven Rebehn. Die Zahl der Ersatzklagen von Autokäufern gegen VW, Daimler und Co. bleibe in vielen Gerichten trotz Pandemie hoch.
Die meisten Fälle betreffen laut Richterbund Volkswagen sowie die Hersteller Daimler und BMW. »Während die Klagezahlen gegen VW auch angesichts der Verjährungsfristen überall mehr oder weniger stark zurückgehen, häufen sich aktuell die Klageeingänge gegen Daimler«, sagte Rebehn. Beim Oberlandesgericht München etwa lägen die Daimler-Verfahren nach dem ersten Jahresdrittel 2021 bereits auf dem Niveau des Gesamtjahres 2020.
In Stuttgart habe sich etwa die Zahl in den ersten vier Monaten 2021 mit 1500 gegenüber dem Vergleichszeitraum 2020 fast verdreifacht. Aber auch Fälle, in denen es um mögliche Manipulationen neuerer Dieselmotoren von VW geht, nähmen hier stark zu. Das Rekordniveau des Jahres 2019, als in Stuttgart etwa 7500 Verfahren eingingen, könnte wieder in Reichweite kommen, hieß es.
Einige Gerichte gaben in der Umfrage an, dass in Verfahren um die Manipulation der älteren VW-Motorenmodelle gerade die Verjährungsfrage verstärkt zum Gegenstand des Rechtsstreits werde. Bei Gebrauchtwagenkäufen drehten sich viele Klagen gegen VW zudem gar nicht mehr um das Bekanntwerden des Dieselskandals, sondern um spätere Softwareupdates, die die Abgas-Manipulation aber tatsächlich nicht beseitigt hätten. (dpa)