Zumindest Sebastian Hoeneß selbst hat sich den Schuss Lockerheit, den er sich von seinen Spielern trotz allen Drucks im Abstiegskampf wünscht, bewahrt. »Es ist so, dass er eigentlich die meiste Zeit im Keller sitzt und erst rausgelassen wird, wenn solche Situationen wie jetzt entstehen. Deswegen haben wir ihn jetzt rausgeholt«, scherzte der Trainer des VfB Stuttgart, als er am Freitag auf die Rolle von Team-Psychologe Dino Poimann angesprochen wurde. »Nein«, schob Hoeneß dann ernst hinterher. Poimann sei immer da und beim VfB nun auch »keine gesonderte Situation hinsichtlich der Sportpsychologie entstanden.«
Die Lage der Schwaben vor dem vorletzten Spieltag der Fußball-Bundesliga ist aber durchaus dramatisch. Der VfB ist Tabellen-17. und liegt einen Punkt hinter dem Relegationsrang. Die komplette Konkurrenz im Kampf um den Ligaverbleib spielt schon samstags. Im aus ihrer Sicht schlimmsten Fall könnten die Stuttgarter am Sonntag (15.30 Uhr/DAZN) bei Mainz 05 bereits absteigen.
»Wir befassen uns mit diesem Szenario nicht. Wir befassen uns damit, wie wir Mainz schlagen können«, sagte Coach Hoeneß. »Die Marschroute ist unabhängig davon wie es am Samstag läuft, klar: Wir fahren hin, um zu gewinnen.« Um die Chance auf eine erneute Rettung am 34. Spieltag oder eben in der Relegation zu wahren.
Personell gibt es vor der Partie bei den Rheinhessen noch kleinere Fragezeichen. Stammtorhüter Fabian Bredlow und Florian Müller fehlten im Training am Freitag erkältungsbedingt, wie Hoeneß berichtete. Er gehe aber davon aus, dass das Duo am Sonntag zur Verfügung steht. Mögliche Alternativen wären Florian Schock oder Nachwuchskeeper Dennis Seimen.
Verteidiger Konstantinos Mavropanos, der die vergangenen beiden Spiele wegen einer Schienbeinverletzung verpasst hat, trainierte am Freitag wieder voll mit. Nach der intensiveren Einheit am Samstag wisse er vermutlich mehr, so Hoeneß. Der 41-Jährige wirkte aber zuversichtlich - genau wie Außenbahnspieler Josha Vagnoman, der am Freitag wegen Schmerzen im Fuß nur individuell trainierte.
Die Mainzer kassierten zuletzt drei Niederlagen in Serie, haben aber noch die Chance auf den Conference-League-Einzug. Sie würden schnell in die Spitze spielen und mit Wucht auf die zweiten Bälle gehen, warnte Hoeneß. Insgesamt könnten die 05er »extrem unangenehm sein.« Sollten sie dem VfB mit seinen ebenfalls flinken Offensivleuten Räume anbieten, seien sie aber auch »verwundbar.«
Ein Thema, das zwei Tage vor dem so wichtigen Spiel in Mainz einen größeren Raum einnahm als es Hoeneß lieb sein konnte, war der Tattoo-Wirbel um Enzo Millot. Unter der Woche waren in den sozialen Medien Bilder aufgetaucht, die den Franzosen bei einem Tätowierer zeigen. Dem Spieler wurde in Kommentaren von Fans daraufhin eine mangelnde Fokussierung auf den Abstiegskampf vorgeworfen. Von Millot gab es dazu bislang keine Reaktion.
»Er ist ein junger Bursche«, sagte Hoeneß über den 20-Jährigen. »Er muss sich schon darüber im Klaren sein, dass so etwas sowohl nach außen als auch nach innen etwas bewirkt, was sicher nicht in seinem Sinne ist.« Er wolle das Thema aber »nicht größer machen.« Tattoos seien »völlig legitim« und »Privatsache«, so der Coach. Man müsse »immer wissen, wann der richtige Zeitpunkt ist«. Millot habe am Freitag aber gut trainiert und sei fokussiert. Er habe ihm »einen Tipp gegeben, wie er in Zukunft mit solchen Situationen umgeht« und sei »sicher, dass er daraus lernen wird«, erklärte Hoeneß.
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