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Wie man in der Narrenhochburg Rottweil auf die Fasnet 2022 blickt

Der Narrensprung in Rottweil ist einer der traditionsreichsten Umzüge der schwäbisch-alemannischen Fasnet. Doch wie lassen sich zehntausende Besucher mit einem Hygienekonzept verbinden? Nachfrage bei Narrenmeister Christoph Bechtold.

Zwei Narren mit Masken geben sich am Rosenmontag 2021 in Rottweil einen symbolischen Kuss. Der Auftritt der Narren ohne offiziellen Narrensprung hatte mitten in der zweiten Corona-Welle für landesweite Aufregung gesorgt. Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Zwei Narren mit Masken geben sich am Rosenmontag 2021 in Rottweil einen symbolischen Kuss. Der Auftritt der Narren ohne offiziellen Narrensprung hatte mitten in der zweiten Corona-Welle für landesweite Aufregung gesorgt.
Foto: Sebastian Gollnow/dpa

ROTTWEIL. »Ich kann nicht mehr aus dem Haus gehen, ohne dass mich irgendjemand sofort fragt: Wird es 2022 wieder eine Fasnet geben?« Christoph Bechtold, dem Rottweiler Narrenmeister, ist bewusst, dass eine ganze Stadt gespannt bis angespannt auf das Tun seiner Narrenzunft und auf die Vorgaben aus dem Stuttgarter Ministerium blickt. In Baden-Württembergs ältester Stadt findet immer am Rosenmontag einer der traditionsreichsten Umzüge der schwäbisch-alemannischen Fasnet statt. 4.000 Narren »jucken« dann durch das Schwarze Tor, 8.000 bis 10.000 Zuschauer säumen pro Umzug den Straßenrand. Zum Vergleich: Rottweil selbst hat rund 25.000 Einwohner.

Zuschauer mit Masken und Abstand?

Diese Menschenmassen zu managen ist schon ohne Corona-Pandemie eine ordentliche organisatorische Hausnummer für die Narrenzunft. Aber dann auch noch mit Hygienekonzept? Das hatte jüngst zumindest das Stuttgarter Sozialministerium als Marschroute für die Fasnets-Umzüge im Freien ausgegeben. Zuschauer mit Masken und Abstand am Straßenrand? Christoph Bechtold muss es qua Funktion diplomatisch sehen: »Mein Narrenherz sagt natürlich Nein dazu. Aber mein Verstand sagt Ja, besser als Corona zu kriegen.«

Er äußert sich ganz zuversichtlich im Hinblick auf die Fasnet 2022: »Ich gehe davon aus, dass wir das irgendwie hinkriegen.« Bevor es konkrete Vorgaben aus dem Sozialministerium gibt, will er die Lage aber noch nicht weiter bewerten. »Wir haben in zwei Wochen das erste Treffen mit Stadt und Polizei. Dann sieht man weiter.« 

Auch wenn er und seine Zunftkollegen unbedingt einen Narrensprung 2022 wollen: Es ist alles auch eine Frage der Organisation. Rund 45 Zunftmitglieder stehen am Rosenmontag und am Fasnetsdienstag zum Einsatz bereit, dazu kommen 56 sogenannte Ordner, die auch schon in Vor-Pandemiezeiten für Ordnung am Straßenrand während des Sprungs gesorgt haben. »Wenn es sich nur um eine Kontrolle der Maskenpflicht am Straßenrand handelt, bin ich entspannt. Das kann man mit den Ordnern stemmen«, sagt er. Bei weiteren Auflagen müsse man aber weitere Helfer organisieren. 

Ließe sich 2022 kaum noch bremsen

Bei allen Vorgaben aus Stuttgart weiß Christoph Bechtold auch: Der närrische Wille in Rottweil wird sich 2022 kaum bremsen lassen. Die Fasnet hat in Rottweil eine jahrhunderte alte Tradition und ist auch für hunderte Exil-Rottweiler immer wieder ein Grund, die alte Heimat mindestens einmal im Jahr zu besuchen. Schon 2021, mitten in der zweiten Corona-Welle, waren einige Narren in Rottweil nicht zu bremsen gewesen.

Narrensprung in Rottweil 2021 trotz Corona und eigentlicher Absage.
Rund 25 Narren waren laut Polizei 2021 in Rottwei unterwegs, auch wenn der Sprung eigentlich abgesagt worden war. Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Rund 25 Narren waren laut Polizei 2021 in Rottwei unterwegs, auch wenn der Sprung eigentlich abgesagt worden war.
Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Obwohl kein offizieller Narrensprung stattfand und obwohl die Zunft schon Wochen im Voraus an die Vernunft der Hästräger appelliert hatte, waren einige dutzend Narren am Rosenmontag durchs Schwarze Tor gezogen. Deutlich mehr als hundert Zuschauer hatten den wilden Narrensprung verfolgt, Videos waren hundertfach über Social Media und WhatsApp geteilt worden. Narrenmeister Bechtold und seine Zunft hatten den wilden Sprung danach stark kritisiert. »Das war ein falsches Zeichen zur falschen Zeit«, sagt Bechtold auch heute noch. Verhindern konnte er es nicht: »Das ist öffentlicher Grund und das sind die privaten Narrenkleider der Menschen.« Und weiter: »Ja, das ließe sich 2022 wohl nur extrem schwer bremsen.«

Auch in den baden-württembergischen Städten Elzach, Oberndorf und Überlingen waren im ersten Corona-Winter Narren durch die Straßen gezogen - trotz abgesagter Umzüge. Die vier Zünfte werden Rebellenzünfte genannt, sie waren 1953 aus der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte (VSAN) ausgetreten: Denn diese hatte in ihren Augen zu sehr mit dem Karneval geliebäugelt. Die Rebellenzünfte treffen sich nur alle drei bis vier Jahre zu einem großen Treffen, sonst nehmen sie an keinen Narrentreffen teil. Umso größer ist die Vorfreude unter den Zunftmitgliedern auf die eigenen Umzüge. (GEA)