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Widerstand wenn konkret: Klimatagung legt Finger in Wunde

Die Tagung zur Klimatransformation »Gemeinsam Handeln« in Mannheim wollte Zuversicht verbreiten. In den Diskussionen und Keynotes kamen jedoch die praktischen Herausforderungen der Veränderung zur Sprache.

Tagung »Gemeinsam handeln« in Mannheim
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen, r), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, und Joachim Gauck, ehemaliger Bundespräsident. Foto: Uwe Anspach/DPA
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen, r), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, und Joachim Gauck, ehemaliger Bundespräsident.
Foto: Uwe Anspach/DPA

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hält Streit in der Klimatransformation für unerlässlich. Der Streit müsse jedoch zivilisiert ablaufen, sagte er bei der zweitägigen Konferenz »Gemeinsam Handeln« am Samstag in der Aula der Universität Mannheim. »Wir dürfen nicht Zusammenhalts-Soße über alles gießen.«

Zuvor war während der Konferenz wiederholt ein vermeintlicher Reflex der deutschen Politik kritisiert worden, nach Zusammenhalt zu rufen, sobald Konflikte in der Gesellschaft entstehen, ohne zu prüfen, ob diese nicht notwendigerweise ausgetragen werden müssen.

Nichtsdestotrotz warben vor allem die anwesenden Politiker für Optimismus, so auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). »Wenn wir heute neue Wertschöpfungsmodelle und neue Infrastrukturen aufbauen, so geht es auch nicht ohne Risikobereitschaft und Durchhaltevermögen. Nur daraus erwächst Zuversicht«, sagte er mit Verweis auf den Weitblick von historischen Mannheimer Erfindern wie Karl Freiherr von Drais und Carl Benz.

In den zwei Tagen wurde aber auch klar, dass die Transformation der Wirtschaft große Herausforderungen mit sich bringt. Einerseits bemängelten die Teilnehmer wiederholt einen zunehmenden Populismus, der beispielsweise in der Diskussion um das Heizgesetz deutlich geworden sei, andererseits sinke die Zustimmung der Bevölkerung zum Klimaschutz meist deutlich, sobald konkrete Maßnahmen wie der Bau von Windkraftanlagen oder der Heizungstausch den Status Quo infrage stellten.

Deutlich zur Sprache kam dies auch in einer Videoansprache der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU): »Die Dekarbonisierung fordert die Menschen und die Unternehmen und verlangt enorme Anstrengungen von ihnen«, sagte sie. Das Ziel, die Erderwärmung aufzuhalten, werde von einer breiten Mehrheit getragen, aber die konkreten Umsetzungsschritte seien weit weniger populär.

Stefan Hartung, Vorsitzender der Geschäftsführung Robert Bosch Gmbh forderte: »Wir brauchen einen Diskurs, der nicht schwarz malt, der nicht polarisiert«. Hierdurch werde es schwerer die Bevölkerung für die Transformation zu gewinnen.

Was eine Unwilligkeit oder eine Unfähigkeit zur Veränderung zur Folge haben kann, darauf wies der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck hin. Das Thema Klima lasse sich schon lange nicht mehr vom Thema Sicherheit trennen, sagte er am Freitag. Deutschlands Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen aus autokratischen Regimen führe letztlich auch zur Unterstützung von religiösen Fanatikern und Terroristen.

Vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs auf den Import von fossilen Rohstoffen aus dem für seine Unterstützung der Palästinenser bekannten Emirat Katar angesprochen, sah Habeck hier jedoch keine signifikante Gefährdung Israels. Die Gaslieferungen aus Katar seien in der Vergangenheit minimal gewesen und jetzt nicht groß, sagte der Vizekanzler am Rande der Konferenz der Deutschen Presse-Agentur. Das Land habe seine Unterstützung für die Palästinenser zudem mit Israel abgesprochen.

Seinen Worten nach sei der Zusammenhang also nicht vergleichbar mit dem Nachteil der Ukraine durch die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas. Die Rolle Katars müsse im Vergleich differenzierter betrachtet werden, so Habeck. »Da sehe ich es also nicht, dass Deutschland durch Energiekäufe Israel in den Rücken gefallen ist.«

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© dpa-infocom, dpa:231022-99-660337/2