SIGMARINGEN/TÜBINGEN. Als Zeugnis des früheren »Hohenzollerischen Landes« thront ehrwürdig die Burg Hohenzollern am Rande der Schwäbischen Alb. Die Preußen nannten die Burg in Hechingen im Zollernalbkreis den »Horst des Schwarzen Adlers«. Das schwäbische Hohenzollern galt ihnen als das »Schaufenster Preußens in Süddeutschland«. Heute sagen die Menschen, die in der Gegend wohnen: »Wir sind zu Hause, wenn man den Zollern sieht.«
Hohenzollern wurde zwar nicht Namensbestandteil des neuen Bundeslandes Baden-Württemberg, ist aber als Begriff nicht aus dem Alltag der Menschen südlich von Tübingen verschwunden. Welche Spuren 70 Jahre nach Gründung von Baden-Württemberg hat das ehemalige Land Württemberg-Hohenzollern mit der damaligen Landeshauptstadt Tübingen hinterlassen? Und wo lebt der Name Hohenzollern weiter? Etwa im Vereins- und Verbandswesen spielt er noch eine große Rolle. Es gibt beispielsweise einen Seniorenverein Württemberg-Hohenzollern und den Bund der Landjugend Württemberg-Hohenzollern.
Hechingen nennt sich noch heute Zollernstadt und ist sehr stolz darauf. »Das Hohenzollerische ist in unserem Raum mehr bewusst als in Baden und Württemberg«, sagt Hechingens Bürgermeister Philipp Hahn. Bei jeder festlichen Veranstaltung werde das Hohenzollernlied gesungen. Ihren Stolz zur Schau stellen die Menschen auch mit den Autokennzeichen, wobei ein HZ für Hohenzollern steht. »Für Hechingen steht dann «HCH HZ» und für Balingen «BL HZ»«, erklärt Hahn.
Schatzkammer der Geschichte
Heute besteht das Haus Hohenzollern aus einer königlich-preußischen Linie und einer fürstlich-schwäbischen Linie. Die Burg gehört zu zwei Dritteln Georg Friedrich Prinz von Preußen. Er ist Ururenkel des letzten Königs von Preußen und Deutschen Kaisers Wilhelm II. (1859−1941). Ein Drittel ist im Besitz von Karl Friedrich Fürst von Hohenzollern. Er steuert von Sigmaringen aus den Familienbesitz der schwäbischen Hohenzollern.
»Die Burg Hohenzollern und das Hohenzollernschloss Sigmaringen zählen zu den Schatzkammern der deutschen und europäischen Geschichte, damals wie heute«, sagte Karl Friedrich Fürst von Hohenzollern der dpa. Seit fast 1 000 Jahren prägten die Hohenzollern die Geschichte und die Entwicklung des Landes maßgeblich mit. Zur Unternehmensgruppe Fürst von Hohenzollern gehören unter anderem Privatwälder, Immobilien (Handels-, Gewerbe-, Wohn- sowie Freizeit- und Gastronomieimmobilien) sowie Beteiligungen. Darunter ist die Zollern-Gruppe die größte. Als einer der größten Arbeitgeber in der Region steht das Fürstenhaus Hohenzollern laut Karl Friedrich Fürst von Hohenzollern für Tradition, das Wachstum des Landes und die Wertschätzung und Verantwortung für alle Mitarbeiter.
Seit 1954 ist die Burg auch Ferienresidenz für Schüler aus benachteiligten Familien. Die Prinzessin-Kira-von-Preußen-Stiftung bietet ihnen kostenlose Ferienaufenthalte an. Neuerdings kamen dort Flüchtlinge aus der Ukraine unter – etwa zwei Pflegemütter mit ihren neun Kindern. Mehrere Burg-Mitarbeiter hatten die Räumlichkeiten der Stiftung auf der Burg Hohenzollern vorbereitet und Lebensmittel eingekauft. 1852 wurden die beiden ehemaligen hohenzollerischen Fürstentümer Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen mit der Residenzstadt Hechingen als Mittelpunkt zu einem preußischen Regierungsbezirk mit Sitz in Sigmaringen vereinigt. Kurioserweise bildeten die »Hohenzollernschen Lande« mit Koblenz einen Wahlkreis und wählten einen Abgeordneten für den preußischen Landtag.
Dynamisch entwickelt
Die »Hohenzollernsche Lande« erstreckten sich von den Ausläufern des Schwarzwalds über das Tal des oberen Neckars, die Schwäbische Alb, das Tal der oberen Donau bis fast an den Bodensee. Die Bevölkerung Hohenzollerns – etwa 74 000 Menschen – lebten überwiegend von der Landwirtschaft, waren eher ärmlich und fast rein katholisch. Heute ist das anders. Die landschaftlich reizvolle Gegend zwischen Neckar, Donau und Bodensee habe sich unglaublich dynamisch entwickelt, eine geringe Arbeitslosigkeit sowie ein hohes Pro-Kopf-Einkommen, sagt Reinhold Weber von der Landeszentrale für politische Bildung. »Noch heute herrscht bei den Hohenzollern ein historisches Bewusstsein. Man ist stolz auf seine Geschichte. In der Gegend weiß jeder, wer ein Hohenzoller ist, und wer Württemberger.« Die Kreisreform Anfang der 1970er-Jahre verteilte das ehemals preußische Hohenzollern auf neun Landkreise und drei Regierungsbezirke – nämlich Tübingen, Karlsruhe und Freiburg.
»Die Väter der Kreisreform haben gezielt versucht, die historischen Grenzen zu verwischen. Sie wollten eine neue, baden-württembergische Identität. Von der Verwaltung her hat das funktioniert. Aber vom Bewusstsein der Menschen her nicht. Die Hohenzollern sind sehr selbstbewusst«, sagt Weber. (dpa)