ALBSTADT-EBINGEN. Als Heinrich von Killer zu Ringelstein Anfang des 14. Jahrhunderts starb, war er württembergischer Vogt in Ebingen, wo in der Martinskirche ein eindrucksvolles Epitaph des Ritters zu sehen ist. Als Söldner in Italien hatte er sich zuvor den Beinamen »Affenschmalz« verdient. Der Name erscheint wenig schmeichelhaft. Denn im Frühneuhochdeutschen Wörterbuch erscheint »Affenschmalz« als verbreiteter Beiname für alberne Personen, Possenreißer, aber auch Betrüger und Fälscher. Affenschmalzerisch wird zu dieser Zeit auch als Adjektiv genannt und »Ruine Affenschmalz« ist auch der Beiname der Ruine Hohenjungingen bei Jungingen im Zollernalbkreis, die 1311 von den Reutlingern zerstört wurde – im gleichen Feldzug wie die erste Burg Alt-Lichtenstein.
»Feind Gottes, des Erbarmens und des Mitleids«
Warum aber bekam Heinrich in Italien diesen unvorteilhaften Beinamen? Heinrich lebte zu einer Zeit, als die Ideale der Ritterlichkeit – Witwen und Waisen zu beschützen – nicht mehr galten. Auch die Kreuzzüge, mit denen sich jüngere Söhne von Grafen und Herzögen im Namen Gottes im Orient weltliche Reichtümer erkämpfen konnten, waren vorbei – Jerusalem und die Kreuzfahrerstaaten waren längst wieder von den Muslimen erobert. So wurde Norditalien mit seinen Stadtstaaten, die am Vorabend der Renaissance im Dauerkonflikt miteinander lagen, zum Mekka für Söldner. Zahlreiche Ritter aus der Region – darunter Hugo von Melchingen, nach seinem Wappen genannt »Ugo dell Alla« (Hugo mit dem Flügel), Konrad von Burladingen und die Brüder Hans und Benz von Salmendingen – verdingten sich als Söldner in Italien.
Teil von Marketingstrategie
Sie alle gehörten der "Grande Compagnia" an, die Werner von Urslingen (aus Irslingen bei Rottweil) gegründet hatte. Werner ließ sich den Schriftzug »Feind Gottes, des Erbarmens und des Mitleids« auf seine Rüstung prägen. Der ketzerische Spruch war Teil seiner Marketingstrategie. Denn eigentlich kämpfte die "Grande Compagnia" nicht gerne, sondern, nur wenn es gar nicht anders ging. Werner sah sich als Unternehmer, der lieber brandschatzte als kämpfte. Eine Brandschatzung ist eine Zwangsabgabe, die mit der Drohung bei Nichtzahlungen alles niederzubrennen, durchgesetzt wird.
Ähnlich der heutigen Mafia erpresste Werner also eine Art Schutzgeld von den italienischen Städten, wovon er seinen Rittern Sold bezahlte. Eine Schlacht zu schlagen, deren Ausgang ungewiss war und bei der man einige, der teuer ausgebildeten Ritter und Pferde verlieren würde, war ein unternehmerisches Risiko, dass die Condottieri – so nannte man die Söldnerführer der damaligen Zeit – nur eingingen, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Und je furchterregender der Ruf, desto seltener musste der Söldner tatsächlich Gewalt anwenden.
Es wäre für die Armeen der großen Städte wie Florenz oder Venedig möglich gewesen, die »Grande Compagnia« militärisch zu zerschlagen. Sie hätte sich vermutlich auch von selbst aufgelöst, wäre sie nicht mehr bezahlt worden. Doch es erschien den Städten nützlicher, die Söldner zu bezahlen und gegen Nachbarstädte kämpfen zu lassen.
Militärische Niederlage
Die Söldner schlossen Zeitverträge mit den Städten und wechselten mehrfach die Seiten. So kämpfte die »Grande Campagnia« sowohl für den Papst als auch gegen ihn, sie kämpfte für den König von Ungarn gegen Johanna von Neapel, nur um ein Jahr später die Seiten zu wechseln und Johanna gegen die Ungarn zu unterstützen. Mit den Waffentreue- und Lehnsverhältnissen früherer Zeiten hatten diese Ritter nichts mehr zu tun.
Das vorläufige Ende der Grande Compagnia kam nicht durch eine militärische Niederlage. Als mehrere italienische Städte Frieden schlossen und seine Ritter blockierten, sagte Werner von Urslingen zu, seine Truppe gegen eine Geldzahlung aufzulösen.
Möglicherweise lässt sich aus diesen »affenschmalzigen« Bündniswechseln auch der Beiname »Affenschmalz« erklären. Es könnte aber auch sein, dass Heinrich eitel war und Affenschmalz als Gesichtsschminke oder Haarstyling verwendete. Die Quellenlage ist diesbezüglich unklar.
Was die Quellen belegen, ist, dass viele Rittersöldner als reiche Männer aus Italien zurückkehrten. So erwarb etwa Johann von Rietheim, ein ehemaliges Mitglied der Grande Compagnia, 1371 für 12.000 Dukaten die Pfandschaft Achalm. In der Rückkehr der Söldnerritter aus Italien sehen Historiker die Ursache für das Aufkommen der Adelsgesellschaften beispielsweise der Schlegler oder Martinsvögel. Diese Ritterbündnisse wurden von Städten wie Reutlingen als Konkurrenz gesehen und teilweise erbittert bekämpft, was häufig die Zerstörung ihrer Burgen zur Folge hat. Von der Ruine Affenschmalz bei Jungingen blieben ebenso wie von der Ruine Irslingen im Schlichemtal nur einige romantisch verfallene Mauern als Wanderziel übrig. (GEA)