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Warnstreik fordert Geduld auf Bahn und Straße

Viele Familien im Südwesten starten am Wochenende in die Ferien. Volle Straßen und ausgelastete Züge waren schon am Freitag die Folge, während am Stuttgarter Flughafen gar nichts mehr ging und weitgehend Stille herrschte.

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Menschen warten in einer Schlange vor einem Reisezentrum der Bahn am Frankfurt Flughafen. Foto: Hannes P. Albert
Menschen warten in einer Schlange vor einem Reisezentrum der Bahn am Frankfurt Flughafen.
Foto: Hannes P. Albert

Ob in der Luft, auf der Schiene oder auf der Straße: Zum Beginn der Fastnachtsferien mussten sich Reisewillige im Südwesten auf erhebliche Einschränkungen einstellen. Am Stuttgarter Flughafen ging am Freitag wegen eines Warnstreiks der Gewerkschaft Verdi überhaupt nichts, während sich Auto- und Bahnfahrer wegen vollen Straßen und ausgelasteten Zügen gedulden mussten.

Rund 20.000 Flugpassagiere ab Stuttgart mussten ihre Reisepläne ändern. Mehr als 160 Flüge fielen am Freitag aus. »Der Flughafen war gespenstisch leer«, beschrieb eine Sprecherin die Lage. Selbst in Richtung des Erdbebengebiets in der Türkei hob kein Flugzeug ab. Auch in sechs weiteren Flughäfen, darunter Frankfurt, München und Hamburg, stand der reguläre Passagierbetrieb still. Deutschlandweit rechnete der Flughafenverband ADV mit knapp 300.000 betroffenen Menschen.

Mit ihrem Ausstand wollte die Gewerkschaft Verdi weite Teile des deutschen Luftverkehrs lahmlegen, um Druck zu machen in den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst. Die Regionalflughäfen in Karlsruhe und Friedrichshafen waren davon nicht betroffen, wie ein Sprecher der Gewerkschaft sagte. Aufgerufen zu dem Warnstreik waren Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, der Bodenverkehrsdienste sowie der Luftsicherheit an den sieben Flughäfen quer durch die Republik. In Stuttgart beteiligten sich nach Gewerkschaftsangaben rund 250 Beschäftigte der Flughafensicherheit an dem Warnstreik.

Die Standorte stehen für knapp zwei Drittel des deutschen Passagieraufkommens. In Stuttgart waren über den Tag verteilt laut Gewerkschaft 162 Starts und Landungen sowie rund 20.000 Passagiere betroffen. Ausgenommen waren Regierungsflüge sowie militärische und medizinische. Außerdem durften Airlines ihre Flugzeuge für am Samstag geplante Flüge überführen.

In den Verhandlungen fordert Verdi für die Angestellten von Bund und Kommunen 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. »Wer im kommenden Sommer ein erneutes Chaos an den Flughäfen wegen Personallücken am Boden verhindern will, sollte jetzt dringend auch die Arbeitsbedingungen in der Sicherheit deutlich«, sagte Jan Bleckert, bei Verdi Baden-Württemberg für die Luftfahrt zuständig. Die Arbeitgeber haben die Forderungen zurückgewiesen. Ein Angebot von ihrer Seite liegt bislang nicht vor.

Wer nicht gerade ein Fernreiseziel angepeilt hat, konnte am Freitag auf das Auto oder die Bahn ausweichen - dort war die Lage durch den Ferienstart aber sowieso schon angespannt. »Wir verzeichneten ein erhöhtes Fahrgastaufkommen«, sagte eine Bahnsprecherin. Der Freitag sei generell ein starker Reisetag, mit dem Ferienauftakt gelte das umso mehr. Wegen des Warnstreiks im Luftverkehr waren aber keine zusätzlichen Züge in Baden-Württemberg geplant. »Die auf die Bahn umgestiegenen Fluggäste konnten wir in der Regel problemlos unterbringen«, erklärte die Bahn am Freitagmittag.

Im Stuttgarter S-Bahn-Netz sorgte ein defektes Signal am Hauptbahnhof am Freitagnachmittag für Ausfälle und teils erhebliche Verspätungen. Manche Linien fuhren gar nicht mehr in die Innenstadt, wie die S-Bahn Stuttgart über den Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte.

Über die Ferien müssen unter anderem Bahnkunden rund um Stuttgart und auf der Strecke Frankfurt-Mannheim mit zusätzlichen Einschränkungen wegen Bauarbeiten rechnen. Rund um Stuttgart werden Strecken und Gleise im S-Bahn-Netz erneuert - über die Ferien, um die Auswirkungen für den Berufsverkehr möglichst gering zu halten, wie eine Bahnsprecherin erläuterte.

Der Schwerpunkt liegt im Bahnhof Bad Cannstatt, S-Bahn-Züge der Linien 1, 2 und 3 fahren seltener als sonst. Im Fernverkehr komme es zu abweichenden Halten und längeren Fahrzeiten. Teilweise halten IC- und ICE-Züge statt am Stuttgarter Hauptbahnhof ersatzweise in Esslingen (Neckar) oder Vaihingen (Enz). Auch auf der Strecke Korntal-Leonberg werden ab Samstag Gleise und Weichen erneuert. Züge der S60 fahren daher im Halbstundentakt, Züge der S62 entfallen bis zum 3. März. Wegen Bauarbeiten für ein neues elektronisches Stellwerk befürchtet die Bahn auch Beeinträchtigungen auf der Strecke Frankfurt - Mannheim. »So wichtig die Bauarbeiten auch sind - Einschränkungen lassen sich dabei leider nicht vermeiden«, heißt es auch auf der Homepage des Rhein-Main-Verkehrsverbunds (RMV).

Auf den Autobahnen erwartete die Polizei zum Ferienstart am Wochenende ebenfalls einen erhöhten Reise- und Ausflugsverkehr. Staugefährdete Strecken seien die Autobahn 5 zwischen Kreuz Heidelberg und Baden-Baden, die Autobahn 6 zwischen Kreuz Walldorf und Bretzfeld, die Autobahn 7 zwischen Aalen/Oberkochen und Kreuz Ulm/Elchingen, die Autobahn 8 zwischen Dreieck Karlsruhe und Pforzheim-Süd sowie zwischen Aichelberg und Ulm-Ost, die Autobahn 81 zwischen Mundelsheim und Dreieck Leonberg, zwischen Kreuz Stuttgart und Herrenberg sowie im Bereich Kreuz Hegau. Auch der ADAC ging davon aus, dass der Autoverkehr am Wochenende enorm zunimmt, wie ein Sprecher am Freitag mitteilte. Alle Strecken in Richtung der Berge seien besonders belastet. Baden-Württemberg sei auch ein beliebtes Transitland für Reisende.

Außerdem wurden wegen Brauchtumsveranstaltungen und Fastnachtsumzügen in den Landkreisen Ostalbkreis, Reutlingen, Göppingen, Rastatt, dem Ortenaukreis, Ravensburg und im Breisgau-Hochschwarzwald vereinzelt Straßensperrungen erwartet.

Tweet der S-Bahn Stuttgart

© dpa-infocom, dpa:230216-99-623701/9