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Wandgemälde aus Nazi-Zeit löst Debatten in Freiburg aus

Ausgerechnet im künftigen Geschichtsmuseum über die Zeit des Nationalsozialismus taucht ein riesiges Gemälde aus der 1930er Jahren auf. Ist es wertvoll? Bleibt es an Ort und Stelle?

Wandgemälde aus der Nazi-Zeit
Blick auf das zufällig entdeckte Wandgemälde im künftigen Freiburger Dokumentationszentrum. Foto: Christian Böhmer
Blick auf das zufällig entdeckte Wandgemälde im künftigen Freiburger Dokumentationszentrum.
Foto: Christian Böhmer

Junge, teils nackte Menschen in einer Naturidylle - ein im künftigen Dokumentationszentrum Nationalsozialismus entdecktes Wandgemälde aus der Nazi-Zeit löst in Freiburg Debatten aus. Das etwa 9 Meter breite und 2,50 Meter hohe Kunstwerk des Malers Theodor Kammerer war unlängst bei Bauarbeiten zufällig hinter einer Verschalung gefunden worden. Ob das Bild an Ort und Stelle verbleibe, wird noch diskutiert, wie die Direktorin des städtischen Museums für Neue Kunst, Christine Litz, am Mittwoch in Freiburg deutlich machte. Das Gebäude des künftigen Geschichtsmuseums und Gedenkorts, das frühere Verkehrsamt der Stadt, ist zurzeit eine Baustelle und nicht öffentlich zugänglich.

Das Verkehrsamt war 1936 gebaut worden. Das auf Holzplatten gefertigte Kunstwerk - eine Auftragsarbeit - kam wohl drei Jahre später ins Gebäude. »Wir müssen zunächst mehr über Theodor Kammerer herausfinden«, sagte Litz mit Blick auf den Künstler. Das Bild stelle Menschen idealtypisch in einer Naturlandschaft dar und habe eine »bestimmte Ästhetik« der damaligen Zeit. Der Stadt Freiburg zufolge entsprechen die Motive dem Zeitgeist der NS-Ideologie.

Die Museumschefin sagte, für sie sei die Entdeckung eine Chance: »Es ist wichtig zu sehen, wie unser Umgang mit diesem Fund ist.« Im einstigen Verkehrsamt soll vom kommenden Jahr an über die Zeit des Nationalsozialismus in Freiburg informiert werden, dazu sind unter anderem wechselnde Ausstellungen geplant.

Der Kunsthistoriker Peter Kalchthaler sagte, das Wandbild sei wohl in den 1950er Jahren abgedeckt worden. Es gebe zwar eine Entwurfszeichnung im Stadtarchiv, doch der Fund sei völlig überraschend gekommen. Der Maler sei Gast in der Badischen Secession gewesen, einer Künstlervereinigung der 1920er und 1930er Jahre. »Er ist kein Adolf Ziegler«, sagte Kalchthaler mit Blick auf den umstrittenen NS-Künstler. Der bekannte Maler Georg Baselitz hatte von der Pinakothek der Moderne in München gefordert, ein Gemälde Zieglers abzuhängen. Kammerer starb Kalchthaler zufolge 1961. Mit monatelangen Verzögerungen bei den Bauarbeiten rechnete der bisherige kommissarische Direktor des örtlichen Augustinermuseums nicht.

Kunst und Kultur waren von 1933 an unter dem NS-Regime nicht mehr eigenständig. Sie standen hingegen im Dienst der herrschenden Ideologie. Für die Kultur der Moderne hatte die Nationalsozialisten nur Verachtung übrig.

In dem einstigen Verkehrsamt in Innenstadtlage sind andere Relikte der Nazi-Zeit zu sehen. Ein schmiedeeisernes Gitter trägt die Ringe der Berliner Olympischen Spiele von 1936. Im Untergeschoss gibt es einen der wenigen erhaltenen Luftschutzkeller aus der Zeit des Nationalsozialismus in der Schwarzwaldmetropole.

Städtische Museen zu NS-Dokumentationszentrum

© dpa-infocom, dpa:230315-99-963800/3