Der als »Schraubenkönig« bekannte Unternehmer Reinhold Würth hat sich enttäuscht über das Abschneiden der AfD bei der Europawahl gezeigt und denkt über Konsequenzen am Standort Deutschland nach. In Künzelsau (Hohenlohekreis) am Stammsitz des Unternehmens kam die Partei auf 20,6 Prozent. Das kommentierte der Unternehmer im Deutschlandfunk folgendermaßen: »Wenn dieser Trend anhält jetzt, 20 Prozent, dann müssen wir vorsichtig sein als Kaufleute, wo und wie wir investieren.« Dies sei schon eine gewisse Wegmarke auch für das Unternehmen Würth. Nun »werden wir in aller Ruhe natürlich analysieren und überlegen, ob wir überhaupt weitere Investitionen in größerem Umfang hier in Deutschland machen werden oder ob wir gleich irgendwo in ein anderes Land verlegen«.
Der 89 Jahre alte Milliardär und Vorsitzende des Stiftungsaufsichtsrates des Unternehmens mit über 27 000 Mitarbeitern in Deutschland begründete seine Überlegungen mit Forderungen aus der AfD nach Remigration. Wenn Rechtsextremisten diesen Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang. Würth sagte in dem am Donnerstag im Deutschlandfunk ausgestrahlten Interview weiter: »Wir hätten Riesenprobleme, wenn wir unsere Mitarbeiter, die Ausländer sind, nicht hätten.« Er schätze mal, dass 30 Prozent der Mitarbeiter ursprünglich aus anderen Ländern stammten - wenn die weg wären, wäre das doch eine Katastrophe.
Schon vor der Wahl hatte Würth seinen Beschäftigten in Deutschland davon abgeraten, für die AfD zu stimmen. In einem fünfseitigen Schreiben warnte der Familienunternehmer unter anderem mögliche Protestwähler: »Bloß wegen ein bisschen Spaß an der Freude Rabatz zu machen und aus Unmut über die Ampelregierung die AfD zu wählen, ist einfach zu wenig.«
In Deutschland müsse niemand hungern oder frieren, schrieb Würth. Es sei ein Normalfall, dass die Menschen wohl etabliert ein eher freiheitliches Leben leben könnten. Würth begann im Alter von 14 Jahren eine Lehre im damals kleinen Betrieb seines Vaters, ehe er diesen nach dessen Tod 1954 als 19-Jähriger übernahm. Der Milliardär zählt zu den reichsten Deutschen. Für den Handelskonzern mit seinem Namen arbeiten aktuell nach Unternehmensangaben weltweit mehr als 87.000 Menschen.
© dpa-infocom, dpa:240614-99-394391/3