Logo
Aktuell Land

»Vogel des Jahres« 2023 im Südwesten vom Aussterben bedroht

Zum dritten Mal durften die Menschen über den »Vogel des Jahres« abgestimmt. Der Gewinner bekommt den Titel in Abwesenheit, weil er längst zum Überwintern in den Süden geflattert ist. Überhaupt ist er in Baden-Württemberg selten geworden, die Gründe dafür sind bekannt.

Braunkehlchen
Das Braunkehlchen ist »Vogel des Jahres« 2023 und zählt laut dem Nabu in Baden-Württemberg zu den Aussterbe-Kandidaten. Foto: Patrick Pleul
Das Braunkehlchen ist »Vogel des Jahres« 2023 und zählt laut dem Nabu in Baden-Württemberg zu den Aussterbe-Kandidaten.
Foto: Patrick Pleul

Das Braunkehlchen ist »Vogel des Jahres« 2023 und zählt laut dem Naturschutzbund Nabu in Baden-Württemberg zu den Aussterbe-Kandidaten. »1950 lebten noch rund 5000 Brutpaare bei uns«, teilte Nabu-Vogelexperte Stefan Bosch am Donnerstag mit. 1990 seien es noch etwa 1500 gewesen. Heute gebe es landesweit noch 200 bis 320 Paare. Die Hälfte davon brüte am Federsee, Schwerpunkte lägen auch am Oberrhein, im Südschwarzwald und auf der Schwäbischen Alb. »Das ist dramatisch«, sagte Bosch laut Mitteilung.

»Unermüdlich haben wir Vögeln wie dem Braunkehlchen Lebensraum und Nahrung entzogen und tun dies noch«, erklärte der Fachmann. So seien Brachen überbaut worden, Äcker und Wiesen würden für Tierfutter häufig gemäht und gedüngt. »Auch Freizeitnutzung stört die Vögel mitunter beim Brüten«, erläuterte Bosch. Obwohl die Ursachen und Bedürfnisse bekannt sind, gehe der Schwund der 12 bis 14 Zentimeter großen Feld- und Wiesenvögel ungebremst weiter.

»Mit Hilfe eines landesweiten Wiesen- und Bodenbrüterprogramms könnten wir dafür sorgen, dass das Braunkehlchen wieder ganz Baden-Württemberg als Heimat entdeckt«, sagte Nabu-Landeschef Johannes Enssle. Er forderte die Landesregierung auf, ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einzulösen und die nötigen Gelder für das Programm im kommenden Haushalt einzustellen. »Sechs Millionen Euro werden benötigt. Das sollte es uns wert sein, eine bedrohte Art und mit ihr viele weitere Arten zu retten.«

Das Braunkehlchen hat seinen Namen von seiner braun-orangen Brust und Kehle. Den Winter verbringt es südlich der Sahara. Schon im September hat es sich auf die mehr als 5000 Kilometer lange Reise gemacht. Im April kehrt es wieder in den Norden zurück.

Bei der Wahl zum »Vogel des Jahres« setzte sich das Braunkehlchen mit rund 43 Prozent der Stimmen mit großem Vorsprung gegen Feldsperling, Neuntöter, Trauerschnäpper und Teichhuhn durch, wie der Nabu Deutschland und der bayerische Landesbund für Vogel- und Naturschutz am Donnerstag verkündeten. 1987 trug der Singvogel den Titel schon einmal.

Es ist das dritte Mal, dass die beiden Naturschutzverbände zur Wahl des Jahresvogels aufgerufen hatten. Diesen küren Nabu und LBV seit 1971, doch in der Vergangenheit suchten die Fachleute den Vogel aus. Nun treffen diese nur noch eine Vorauswahl. Fast 135.000 Menschen beteiligten sich demnach in diesem Jahr an der Wahl im Internet.

Wahl zum Vogel des Jahres

Infos zum Braunkehlchen

© dpa-infocom, dpa:221027-99-282162/4