Sebastian Hoeneß schüttelte den Kopf. Nein, er empfinde es nicht so, dass der VfB Stuttgart im Topspiel bei Borussia Dortmund etwas zu verlieren habe, sagte der 41-Jährige am Donnerstag. Die Partie seiner drittplatzierten Schwaben beim Tabellenvierten in der fantastischen BVB-Atmosphäre sei für ihn nach seinem ersten »Wahnsinnsjahr« in Stuttgart eine besondere. Und der VfB stecke in einer Situation, die der Club vor der Saison »mit Kusshand« genommen hätte.
Auf dem angestrebten Weg in die Champions League ist das Auswärtsspiel am Samstag (18.30 Uhr/Sky) eine Schlüsselaufgabe. Gewinnt das Überraschungsteam auch ohne den gesperrten Kapitän und Abwehrchef Waldemar Anton nun noch das dritte Duell mit dem BVB in dieser Saison, wäre es ein riesiger Schritt zur Teilnahme an der Königsklasse. Angesichts von dann sieben Punkten Vorsprung bei noch sechs anstehenden Spieltagen in der Fußball-Bundesliga wären die Stuttgarter von Dortmund nur noch schwer zu verdrängen.
Hoeneß warnt vor Dortmunds guter Form
Im Fall einer Niederlage würde der Abstand auf einen Zähler schrumpfen und Platz drei wäre in Gefahr. Den größeren Druck sieht der VfB aber aufseiten der Westfalen. Das hatte auch Sportdirektor Fabian Wohlgemuth nach dem 3:3 gegen den 1. FC Heidenheim erklärt.
»Wir freuen uns auf das Spiel«, sagte Hoeneß. Die Chancen seien für den VfB größer als die Risiken. Das 2:1 im Hinspiel in Stuttgart und das 2:0 im DFB-Pokal-Achtelfinale zählen zu den überzeugenden Highlights der Schwaben in dieser Saison. Respekt hat Hoeneß aber eine Menge. Es sei vielleicht gerade »das schwerste Spiel« in der Bundesliga neben einer Partie gegen Bayer Leverkusen. »Die Dortmunder sind in einer richtigen guten Verfassung, gewinnen auch in München«, so der VfB-Coach. Kollege Edin Terzic stehe »ein unfassbarer Kader« zur Verfügung.
Hoeneß muss dagegen diesmal für seine Abwehrformation enorm tüfteln. Neben den verletzten Dan-Axel Zagadou und Anthony Rouault fällt auch Anführer Anton wegen seiner fünften Gelben Karte aus. Auf die Frage, wie er ihn ersetzen wolle, reagierte Hoeneß mit einem leichten Schulterzucken. »So richtig viele Optionen gibt es nicht«, sagte der Coach. Er wolle nicht zu viel verraten, er habe sich aber auch noch nicht final entschieden.
Karazor ein Kandidat für die Abwehr
Nur Hiroki Ito bleibt ihm von den Stammkräften als Innenverteidiger übrig. Möglich wäre, Atakan Karazor aus dem defensiven Mittelfeld nach hinten zu ziehen. Mahmoud Dahoud könnte im Mittelfeld neben Angelo Stiller bei seinem Ex-Club wieder in die Startelf rücken.
Als Alternative für die Defensive ist auch Pascal Stenzel nicht uneingeschränkt fit. Der Rechtsverteidiger zog sich im Spiel gegen Heidenheim einen Mittelhandbruch zu. Dennoch äußerte sich Hoeneß optimistisch, dass Stenzel mit einer Schiene spielen könne. Fraglich ist der Einsatz von Offensivmann Silas, der wie Ersatztorhüter Fabian Bredlow und Roberto Massimo erkrankt ist.
All das sind Sorgen, die mit den Problemen bei Hoeneß' Amtsbeginn nicht annähernd vergleichbar sind. Vor einem Jahr, am 3. April 2023, war er als neuer Trainer beim Tabellenletzten präsentiert worden und hat eine so nicht erwartbare Entwicklung eingeleitet.
»Es war ein Wahnsinnsjahr«, blickte Hoeneß auf seine ersten zwölf Monate in Stuttgart zurück. Er habe es kurz Revue passieren lassen, weiter darüber nachdenken wolle er aber nicht. »Es gab sehr viele schöne Momente. Jetzt möchte ich die Saison ganz besonders zu Ende bringen«, bekräftigte er: »Dafür werde ich meine ganze Kraft einsetzen. Das erwarte ich auch von den anderen.«
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