Noch mit den Gedanken bei der knappen Niederlage in Leipzig wollte Fabian Wohlgemuth auf die Stärken seines ehemaligen Clubs nicht sofort eingehen. Dass die schnelle Rückkehr zum SC Paderborn »selbstverständlich« etwas Besonderes sei, gab der 43-Jährige aber zu. Gleich im vierten Pflichtspiel unter der Verantwortung des neuen Sportdirektors und des Trainer-Rückkehrers Bruno Labbadia kämpft der VfB Stuttgart am Dienstag (18.00 Uhr/Sky) beim Zweitligisten Paderborn um den Einzug ins Viertelfinale des DFB-Pokals und um zusätzliche Einnahmen von mehr als 1,6 Millionen Euro.
»Ich habe da über zweieinhalb Jahre gearbeitet. Natürlich habe ich dort auch ein paar Freunde hinterlassen, die 90 Minuten nicht meine Freunde sein werden. Ich hoffe, dass meine Kenntnis über den Gegner die beste im Verein sein sollte«, sagte Wohlgemuth, der gerade auch damit beschäftigt ist, den VfB möglicherweise noch »sinnvoll« zu verstärken. Am Dienstag, dem Tag des Pokal-Achtelfinals, endet die Transferperiode in diesem Winter.
Am 3. Dezember hatte der Bundesliga-Abstiegskandidat den Berliner Wohlgemuth vom SC Paderborn als Nachfolger von Sven Mislintat geholt. Nach dem 1:1 gegen Mainz, dem 2:2 bei Hoffenheim und dem 1:2 am Freitagabend bei RB Leipzig fehlt noch der erste Pflichtspielsieg seit dem umfassenden Neuanfang mit Wohlgemut und Labbadia. Der DFB-Pokal bietet die nächste Gelegenheit - bei Wohlgemuths altem Arbeitgeber.
Die erste Bundesliga-Niederlage nach der Winterpause werteten Trainer und Sportdirektor dafür als Mutmacher. »Fürs mannschaftliche Zusammenwachsen war der Abend dienlich«, sagte Wohlgemuth auch angesichts der zahlreichen Ausfälle: »Wir wollen nichts schönfärben, aber es war eine gute Leistung«. Labbadia meinte, die Laufleistung sei für ihn vor fünf Wochen noch »unvorstellbar« gewesen.
Der 56-jährige Coach legte in seinen ersten Wochen auf die Fitness ebenso viel Wert wie auf den Zusammenhalt. »Wir haben brutal viel investiert. Genau das ist das, was wir brauchen. Wir haben alles reingeworfen, geschlossen verteidigt, geschlossen angegriffen«, berichtete Rechtsverteidiger Pascal Stenzel über das Spiel in Leipzig.
Die im Abstiegskampf wichtige Wahrheit lautet aber auch, dass der VfB mit Labbadia aus drei Bundesliga-Partien erst zwei Punkte sammelte - und mehr drin war. Für den Kampf um den Klassenerhalt hoffen die Schwaben deswegen nicht nur, dass sich die Zahl der Ausfälle schnell reduziert. Auch ein Transfer ist offenbar zumindest nicht ausgeschlossen.
»Wir prüfen verschiedene Optionen«, sagte Wohlgemuth noch in Leipzig. Ein möglicher Neuzugang müsse sich schnell akklimatisieren können und dürfe die finanziellen Möglichkeiten nicht überschreiten. Die Verantwortlichen des VfL Wolfsburg hatten deutlich gemacht, dass sie Mittelfeldspieler Josuha Guilavogui nicht abgeben wollen. Wohlgemuth bezeichnete nun den japanischen Mittelfeldspieler Genki Haraguchi vom 1. FC Union Berlin als »interessant«.
Ob sich eine Möglichkeit für den VfB ergebe, werden die kommenden Tage zeigen, sagte Wohlgemuth. Durch den Wechsel des zuletzt an den SC Altach verliehenen Alexis Tibidi zum französischen Erstligisten ES Troyes AC dürfte der Kaderplaner zumindest etwas mehr finanziellen Spielraum haben.
Der neue Sportdirektor ist seit seinem Einstieg beim VfB gut beschäftigt, eine Abschiedsfeier in Paderborn steht noch aus. »Der Terminkalender in Stuttgart war relativ voll. Es kam ein bisschen zu kurz, dort einen Abschied hinzulegen, der alle zufriedengestellt hat, das muss ich noch nachholen«, erzählte Wohlgemuth. Am Dienstag könnte er im Falle des Siegs mit dem VfB erst einmal den Viertelfinaleinzug feiern.
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