Als sich der VfB Stuttgart am 14. Mai 2022 durch einen Treffer in der Nachspielzeit gegen den 1. FC Köln gerade noch in der Fußball-Bundesliga halten konnte, saß Bruno Labbadia auf der Couch und schaute im Fernsehen die Konferenz. Etwas mehr als neun Monate später kommt es zwischen den Schwaben und den Kölnern zum Wiedersehen in Stuttgart - und diesmal ist Labbadia mittendrin. Die Situation hat sich aus VfB-Sicht jedoch kaum verbessert und die damals durch das Tor von Kapitän Wataru Endo erzeugte Euphorie ist längst verflogen.
Der VfB befindet sich auch vor dem Spiel am Samstag (15.30 Uhr/Sky) wieder in akuter Abstiegsgefahr. Unter Trainer-Rückkehrer Labbadia, der im Dezember zum zweiten Mal am Neckar anheuerte, sind die Stuttgarter in der Liga noch sieglos. Beim 1:2 beim SC Freiburg am vergangenen Wochenende gaben sie zum sechsten Mal in dieser Saison eine 1:0-Führung aus der Hand. Keinem anderen Bundesligisten passierte das häufiger. Nur einmal gelang es dem VfB, kein Gegentor zu kassieren. Der Gegner in der Hinrunde hieß: Köln (0:0).
Labbadia muss bislang viele Rückschläge verkraften. »Ich bin in der Verantwortung und muss vorangehen«, sagte er am Donnerstag. Der Coach lässt aber durchblicken, dass ihm das besonders nach dem Spiel in Freiburg, als die Niederlage durch zwei Entscheidungen des Videoschiedsrichters eingeleitet worden war, schwerfiel. »Ich weiß um solche Situationen. Es ist aber kein Leben, wie man es gerne haben möchte«, sagte Labbadia.
Gemessen an den Ergebnissen ist der erhoffte Effekt durch den Trainerwechsel bisher ausgeblieben. Dennoch sieht VfB-Vorstandschef Alexander Wehrle gute Ansätze. »Fünf Spiele, zwei Punkte - das ist zu wenig, keine Frage. Aber dennoch muss man die Spiele im Gesamten betrachten«, sagte er in einem Interview des Fernsehsenders Sky. »Die Mannschaft agiert als Team und ist defensiv sehr stabil. Aber sie belohnt sich nicht. Das Momentum ist nicht auf unserer Seite. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir das Momentum erzwingen und die Punkte einfahren werden.«
Verteidiger Borna Sosa, der seinen Rückstand aufgeholt zu haben schien, wurde vor dem Spiel gegen Köln allerdings von einer starken Erkältung zurückgeworfen. Tiago Tomás wird langsam herangeführt und Serhou Guirassy ist mit seiner Adduktorenverletzung noch keine Option. Immerhin steht Allrounder Nikolas Nartey wieder zur Verfügung.
Im Tor hat Labbadia eine nicht unbedingt zu erwartende Entscheidung getroffen. Obwohl Stammkeeper Florian Müller seine Magenprobleme auskuriert hat, wird Fabian Bredlow gegen den FC zum zweiten Mal nacheinander zwischen den Pfosten stehen. »Es war nicht meine Absicht, aber Fabian Bredlow hat sich das erarbeitet«, sagte der Coach.
Im Kampf um den Klassenerhalt und einen Erfolg gegen Köln setzt Labbadia auch auf die emotionale Komponente. »Das Stadion ist damals explodiert. Die Mannschaft kennt das Bild mit dem Platzsturm, wir haben es ihnen gezeigt. Wir müssen diese positive Energie wieder auf den Platz bringen«, sagte er rückblickend auf die Last-Minute-Rettung vergangenen Mai.
Diesmal wird der 57-Jährige nicht die Konferenz im Fernsehen schauen. Labbadia steht an der Seitenlinie - und mit seiner Mannschaft immer mehr unter Druck.
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