REUTLINGEN/TÜBINGEN. Einen hundertprozentigen Verzicht auf den Genuss von Schokolade? Geht das überhaupt? Der Leiter der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in Baden-Württemberg, Peter Grimm sagt im GEA-Gespräch, das müsse gar nicht sein: »Ein kontrollierter Konsum ist besser, als ein zwanghafter Verzicht.« Wer keine Schokolade essen will, sollte aber einige Dinge unbedingt beherzigen. So sollte kein Schokoladenvorrat im Haus oder der Wohnung vorhanden sein. Die beliebte »Schleckschublade« müsse leer sein. »Ein bewusstes 'Ripple' nach dem Mittagessen und nicht mehr, das sollte das Ziel sein«, schlägt er vor.
Zudem sollte niemand hungrig oder gefrustet Lebensmittel einkaufen. Das führe oft zu Einkäufen, die später bereut würden. Generell halte er es für recht schwierig, auf Schokolade zu verzichten: »Die Menschen essen einfach zu gerne, um alle Schuld auf die Schokolade zu schieben.«
Die Professorin Stephanie Kullmann vom Institut für Diabetesforschung an der Uniklinik Tübingen stimmt dem zu und sagt: »Bleiben Sie geduldig. Im Prinzip geht es nicht darum, Schokolade komplett zu verbannen, sondern maßvoll zu konsumieren.« Möglicherweise helfe es , Schokolade mit 70 Prozent Kakaoanteil zu konsumieren, davon werde in der Regel weniger gegessen.
Süßigkeiten oder Schokolade sollten aus der unmittelbaren Umgebung wie der Küche oder dem Arbeitsplatz verschwinden. Wenn nichts da sei, werde die Versuchung geringer. Kullmann weiter: »Wenn Sie der Versuchung doch nicht widerstehen können, teilen Sie eine Tafel in kleine Portionen auf und genießen Sie sie bewusst, um unbewusstes Naschen zu vermeiden.«
»Die Menschen essen einfach zu gerne, um alle Schuld auf die Schokolade zu schieben.«
Das veränderte Essverhalten müsse eingeübt und gefestigt werden, so Kullmann. Es dauere etwa vier Wochen, bis das menschliche Gehirn eine neue Gewohnheit erlernt oder eine alte ablegt habe. »Nach dem ersten Monat fällt es vielen einfacher zu verzichten«, weiß sie.
Die Ernährungs-Wissenschaftlerin rät deshalb: »Versuchen Sie schon vor dem Verzicht, die Auslöser für Ihr Verlangen herauszufinden. Das funktioniert leider nur, wenn es möglichst einfach gehalten wird.« Wer beispielsweise beim Fernsehen gerne nascht, solle bereits vorher einen gesunden Snack vorbereiten. »Falls Sie in stressigen Situationen nach Schokolade greifen, könnten Sie es sich zum Beispiel zur Gewohnheit machen, grundsätzlich zuerst etwas zu trinken, bevor Sie essen«, empfiehlt sie.
Da Schokolade oft als Belohnung eingesetzt werde, solle man nach Alternativen suchen: »Finden Sie Aktivitäten, die sie ablenken, die sie aber auch belohnend finden. In den ersten Wochen des Verzichts könnten sie zum Beispiel bewusst Ausflüge planen.« Somit raten beide Ernährungsexperten nicht dazu, einen kompletten Verzicht auf Schokolade anzustreben. (GEA)