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Verdacht auf tödliches Nachstellen

In Sprachnachrichten beteuert er seine Liebe, mit einem GPS-Sender verfolgt er sie heimlich: Die Besessenheit ihres Ex-Freundes soll einer jungen Frau zum Verhängnis geworden sein.

Gerichtsbank
Ein Schild mit der Aufschrift »Angeklagter« wird auf die Gerichtsbank gestellt. Foto: Arne Dedert/DPA
Ein Schild mit der Aufschrift »Angeklagter« wird auf die Gerichtsbank gestellt.
Foto: Arne Dedert/DPA

Mithilfe eines GPS-Senders soll er sie verfolgt haben, mit einem meterlangen Selfiestick heimlich Fotos und Videos von ihr gemacht haben: Die Besessenheit ihres Ex-Freundes soll einer 21-Jährigen zum Verhängnis geworden sein. Seit Februar fehlt von der jungen Frau aus Eigeltingen im Landkreis Konstanz jede Spur. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Tötungsdelikt aus. Vor dem Landgericht Konstanz wirft die Anklagebehörde dem 43 Jahre alten Ex-Freund der Frau Körperverletzung und Nachstellung mit Todesfolge vor. Der Angeklagte schweigt auch zu Prozessbeginn am Donnerstag zu den Vorwürfen.

Die Ermittler gehen anhand von Handydaten davon aus, dass der Deutsche die junge Frau in der Nacht zum 19. Februar tötete. Er soll sich mit einem extra angefertigten Ersatzschlüssel Zugang zu ihrer Wohnung verschafft und sie betäubt haben. Wie genau sich die mutmaßliche Tat abgespielt hat, ist unklar. Die Anklage geht davon aus, dass die junge Frau entweder durch Gewalt oder eine Betäubung getötet wurde.

Der Staatsanwaltschaft zufolge waren das Opfer und der mutmaßliche Täter von August 2021 bis Oktober 2022 ein Paar. Die 21-Jährige habe den 43-Jährigen verlassen, weil er sie mit seiner Noch-Ehefrau betrogen haben soll. Nach der Trennung im Oktober 2022 soll der Angeklagte die junge Frau so heftig ins Gesicht geschlagen haben, dass sie zwei lockere Schneidezähne davongetragen hat.

Sprachnachrichten dokumentierten vor Gericht die verzweifelten Versuche des Angeklagten, seine Ex-Freundin zurückzubekommen. Er wolle ihr nichts tun, sie brauche keine Angst zu haben. »Gib mir bitte noch mal eine Chance« und »nur du und ich«, sagte er in den Aufzeichnungen. Dabei redete sich der Angeklagte immer wieder in Rage. Die Nachrichten waren von einem drängenden Keuchen durchsetzt.

Der Angeklagte sei besessen von dem Wunsch gewesen, die Beziehung wieder aufleben zu lassen, sagte der Staatsanwalt. 20 bis 30 WhatsApp-Nachrichten habe er an manchen Tagen verschickt und sich am Wohnhaus des Opfers aufgehalten. Immer wieder habe er die junge Frau heimlich durch ein Wohnungsfenster gefilmt.

Um sie zu stalken, habe er einen mehr als drei Meter langen Selfiestick genutzt. Vor Gericht wurden entsprechende Aufnahmen abgespielt, die die junge Frau auf iher Couch zeigen. Auch beim Sex mit ihrem neuen Freund sei die 21-Jährige im Januar gefilmt worden. In der mutmaßlichen Tatnacht habe er seine Ex-Freundin betäubt und Nacktfotos von ihr gemacht.

Ihren Aufenthaltsort soll der Angeklagte einem Ermittler zufolge heimlich getrackt haben. Dafür habe er einen GPS-Sender in ihrem Auto verbaut, erklärte der Beamte vor Gericht. Zwischen 9 und 57 Mal täglich soll er den Standort abgerufen haben. Den Tracker haber er etwa zwei Wochen vor der Tat besorgt.

Nach dem Verschwinden der Frau hatte er laut Ermittlern erzählt, dass seine Ex ihn kontaktiert habe, damit er sich um ihren Hund kümmere. Sie wolle zum Ski-Fahren gehen. Familie, Freunde und Nachbarn der Vermissten beurteilten diese Darstellung als unrealistisch. Das Auto der 21-Jährigen wurde wenige Tage nach der mutmaßlichen Tat auf einem Parkplatz in Radolfzell gefunden.

Seit Beginn der Ermittlungen gegen ihn schweigt der Deutsche. Er war rund eine Woche nach dem Verschwinden der Frau festgenommen worden. Seit dem 25. Februar sitzt er in Untersuchungshaft.

Die Frau war von ihrer Mutter vermisst gemeldet worden. Mehrere Suchaktionen nach der 21-Jährigen waren ergebnislos geblieben. Am vergangenen Dienstag hatten Polizeikräfte erneut im Bodensee nach der Leiche gesucht.

Für den Prozess wurden zwölf weitere Verhandlungstermine angesetzt. Die Verhandlung soll am 27. November fortgesetzt werden. Ein Urteil könnte es Ende Januar geben.

Termin

© dpa-infocom, dpa:231108-99-873756/4