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Verbotsdebatte vor weiterem Eritreer-Treffen in Stuttgart

Sie sind mit Latten bewaffnet und werfen Steine auf Polizisten: Massiv versuchen Hunderte Menschen aus Eritrea am Samstag, eine Veranstaltung von Landsleuten zu unterbinden. Nach dem Großeinsatz werden die Rufe nach einem Verbot des nächsten Treffens lauter.

Ausschreitungen bei Eritrea-Festival in Stuttgart
Polizeikräfte sind nach Ausschreitungen bei einer Eritrea-Veranstaltung auf der Straße im Einsatz. Foto: Jason Tschepljakow/DPA
Polizeikräfte sind nach Ausschreitungen bei einer Eritrea-Veranstaltung auf der Straße im Einsatz.
Foto: Jason Tschepljakow/DPA

Nach den massiven Ausschreitungen am Rande einer Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart wächst der Druck auf die Stadt, das geplante nächste Treffen eritreischer Vereine am kommenden Samstag zu verbieten. Oppositionsparteien fordern, dies zu prüfen. Dagegen kündigte der Verband eritreischer Vereine an, das nächste Treffen wie geplant zu organisieren. Die Stadt prüft derzeit nach Angaben eines Sprecher, unter welchen Umständen eine weitere Veranstaltung im Vorfeld untersagt werden kann.

Am Samstag hatte die Polizei die Veranstaltung der Eritrea-Vereine gegen heftig randalierende Demonstranten verteidigen müssen. Gegner der Veranstaltung griffen Teilnehmer und vor allem Polizeibeamte an. Dabei wurden 31 Polizisten verletzt. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sprach am Montag von einem »wütenden, gewaltbereiten und bewaffneten Mob«, gegen den sich die Polizistinnen und Polizisten in einer Unterzahl hätten verteidigen müssen, um die Veranstaltung zu schützen. Der »Gewaltexzess« sei unerwartet gekommen.

In Gesprächen mit Polizisten sei ihm von einem »Steineregen« berichtet worden, dem die Beamten ausgesetzt gewesen seien. »Eine Kollegin hat von einer Wand von Steinen gesprochen«, sagte Strobl. Er zeigte sich überzeugt: »Die Polizei hat ein Blutbad verhindert. Es ist mir gesagt worden, dass es sehr wahrscheinlich Tote gegeben hätte.«

Der Innenminister kündigte harte Konsequenzen für die 228 zwischenzeitlich festgenommenen mutmaßlichen Demonstranten an, sollten sich die Vorwürfe bestätigen. Gegen sie wird unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs und gefährliche Körperverletzung ermittelt. »Die in Frage kommenden Straftatbestände sind kein Pappenstiel« sagte Strobl. Bis auf einen waren sie alle bereits am Sonntag wieder auf freiem Fuß gewesen.

SPD und FDP forderten Konsequenzen aus den Erfahrungen vom Wochenende. Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) müsse entscheiden, ob die Versammlungsfreiheit rechtmäßig eingeschränkt und die geplante Veranstaltung verboten werden müsse, sagte der SPD-Generalsekretär Sascha Binder. »Der Staat hat die Aufgabe, mit der Polizei Versammlungen zu schützen.« Gehe es allerdings um Provokationen und Gewaltausbrüche, müssten Polizisten nicht »sehenden Auges« in Gefahr gebracht werden bringen, sagte Binder.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke warf Stadt und Verfassungsschutz vor, nicht ausreichend vorbereitet gewesen zu sein. Es sei offensichtlich, dass es im Vorfeld Erkenntnisdefizite gegeben habe, sagte er. Die Polizei hätte vorgewarnt werden müssen. »Es ist bekannt, dass es in Deutschland zu Konflikten der beiden Eritreer-Fraktionen kommen kann«, sagte Rülke. Sollte ein Verbot des kommenden Treffens juristisch nicht durchsetzbar sein, so müssen die Einsatzkräfte verstärkt werden.

Für ein mögliches Verbot zeigt der ausrichtende Verband wenig Verständnis. »Es geht auch um die Frage, ob eine Gewalttat das Sagen haben darf«, sagte Johannes Russom vom Dachverband der eritreischen Vereine in Stuttgart am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Der Schutz der Veranstaltung sei eine Aufgabe des Staates. »Er muss als demokratisches Land daran interessiert sein«, sagte Russom. In den vergangenen 40 Jahren habe es derartige Veranstaltungen regelmäßig und ohne Zwischenfälle gegeben.

© dpa-infocom, dpa:230917-99-228726/6