Innenminister Thomas Strobl hat den parlamentarischen Untersuchungsausschuss, in dessen Fokus er selbst steht, mit einem Soufflé verglichen - und damit heftige Kritik auf sich gezogen. Der Untersuchungsausschuss werde vermutlich bis zu seinem Lebensende verlängert, sagte Strobl ironisch auf Nachfrage im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. »Wissen Sie, was ein Soufflé ist? Da ist viel Luft drin - und nach einer gewissen Zeit macht's Pffft«, so der CDU-Politiker zu den parlamentarischen Untersuchungen.
Die Opposition ist entsetzt. Auch der grüne Koalitionspartner zeigt sich irritiert. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) spricht von Respektlosigkeit gegenüber dem Parlament. Das Innenministerium betonte im Nachhinein, Strobl habe nicht den Ausschuss an sich gemeint, sondern die Opposition.
Vize-Regierungschef Strobl sagte in dem Interview, er habe das Vergnügen gehabt, einmal 15 und dann noch mal neun Stunden am Stück im Ausschuss vernommen zu werden - und er stehe für weitere Zeugeneinvernahmen zur Verfügung. Seine Kondition sei gut. Die Menschen, die er draußen treffe, beschäftige das aber kaum.
Der Untersuchungsausschuss dreht sich um sexuelle Belästigung in Landesbehörden, um Beförderungspraktiken bei der Polizei und um die Weitergabe eines Anwaltsschreibens durch Strobl. Ein inzwischen suspendierter Inspekteur der Polizei soll in Stuttgart eine Polizeibeamtin sexuell belästigt haben. Der Skandal wird ab April vor dem Landgericht Stuttgart verhandelt. Strobl hatte ein Schreiben des Anwalts des Inspekteurs an einen Journalisten weitergereicht - und war deshalb ebenfalls unter Druck geraten. Die Ermittlungen gegen den Minister wurden aber vor kurzem gegen Zahlung einer Geldauflage von 15.000 Euro eingestellt.
Die Opposition nutzt den Ausschuss, um Strobl unter Druck zu setzen, und fordert schon lange den Rücktritt des Ministers. Der Untersuchungsausschuss müsse sich entscheiden, ob er tatsächlich etwas untersuchen wolle, es ihm um die Sache gehe - oder nur um parteipolitische und persönliche Anliegen, sagte Strobl. »Kluge Mitglieder in Untersuchungsausschüssen sagen nicht schon vorher, zu welchen Ergebnissen sie am Ende der Untersuchung kommen.«
Ein Soufflé (Französisch: aufgeblasen) ist eine leichte Eierspeise, deren luftige Konsistenz aus geschlagenem Eiweiß entsteht. Auf die Frage, ob die Luft nun aus seiner Sicht im Ausschuss raus sei, sagte Strobl im dpa-Gespräch: »Es wird auch immer wieder Luft in das Soufflé reingeblasen. Das ändert freilich nichts daran: Nach ein paar Tagen macht es wieder Pffft.«
»Ich weise die Äußerung von Innenminister Thomas Strobl in aller Deutlichkeit zurück«, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) der dpa am Donnerstag. »In unserer Demokratie ist es die Aufgabe des Parlaments, die Regierung zu kontrollieren.« Zu den Instrumenten der Kontrolle gehörten Untersuchungsausschüsse. Das gelte unabhängig davon, ob sich am Ende die Vorwürfe gegen den Minister erhärteten oder nicht. »Dass Thomas Strobl die Untersuchungsgegenstände inhaltlich anders bewertet als Teile des Parlaments, liegt in der Natur der Sache«, sagte Aras. »Eine solche despektierliche Äußerung zeugt jedoch von Respektlosigkeit gegenüber dem Parlament.«
Auch der Koalitionspartner ist verstimmt. »Die Äußerungen des Ministers waren irritierend und deshalb war eine Klarstellung geboten und erforderlich«, sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Oliver Hildenbrand. »Es darf überhaupt kein Anschein von Respektlosigkeit gegenüber dem Untersuchungsausschuss und seiner Aufklärungsarbeit entstehen.«
Die Opposition spricht von einer Verächtlichmachung parlamentarischer Arbeit. »Respektlosigkeit und wirre Vergleiche des Innenministers müssen wir fast täglich erleben. Dass er allerdings die Aufklärung des Parlaments bei Besetzungsverfahren der Polizei und sexueller Belästigung in Landesbehörden mit einem leisen «Pffft» kommentiert, ist eine bodenlose Frechheit«, sagte SPD-Obmann Sascha Binder.
»Das ist kaum zu überbieten«, sagte die FDP-Abgeordnete Julia Goll der Deutschen Presse-Agentur. Strobls Äußerungen seien unverschämt. »Ich weiß nicht, ob er zum Fasching lustig sein wollte. Aber das ist das falsche Thema, um witzig zu sein.« In einer Mitteilung betonte Goll: »Diese Verächtlichmachung parlamentarischer Arbeit ist wirklich das Allerletzte.« Der AfD-Obmann im Untersuchungsausschuss, Hans-Jürgen Goßner, spricht von einer arroganten und undemokratischen Äußerung. »Dass Strobl sich nun zu solch herablassenden Aussagen hinreißen lässt, bezeugt einmal mehr, dass getroffene Hunde tatsächlich bellen.«
In einer Pressemitteilung stellt das Innenministerium am Donnerstag klar, dass seine Vorwürfe sich gegen die Opposition richten würden - nicht gegen den Untersuchungsausschuss. Der Ausschuss beschäftige sich mit wichtigen Themen - vor allem den Vorwürfen gegen den ranghöchsten Polizisten im Land. »Der Untersuchungsausschuss wird mit großem Respekt vor dem Parlament und mit der höchsten Sorgfalt, Professionalität und Transparenz begleitet und damit die Aufklärung der Vorwürfe uneingeschränkt unterstützt.«
Strobls Ministerium teilte weiter mit: »Leider sind die polemische Herangehensweise und die persönlichen Angriffe von einzelnen Abgeordneten der Opposition von SPD, FDP und AfD, die einzig auf die Diskreditierung des Ministers abzielen, im Untersuchungsausschuss eine Bürde.« Einzelnen Abgeordneten scheine es alleine um die Herabwürdigung der Person und nicht um die Sache zu gehen. »Diese Herangehensweise und dieses Verständnis von Oppositionspolitikern im Umgang mit der wichtigen Arbeit des Untersuchungsausschusses hat der Minister mit einem Soufflé verglichen.«
© dpa-infocom, dpa:230216-99-613887/8