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U-Ausschuss gegen Strobl in Polizisten-Affäre rückt näher

Die Opposition setzt dem Innenminister weiter zu. Die Staatsanwaltschaft geht nun auch noch einer Strafanzeige der Liberalen nach. Und unabhängig davon wollen SPD und FDP demnächst das schärfste parlamentarische Schwert schwingen.

Thomas Strobl
Thomas Strobl (CDU), Innenminister von Baden-Württemberg. Foto: Murat/dpa
Thomas Strobl (CDU), Innenminister von Baden-Württemberg.
Foto: Murat/dpa

In der Affäre um die Weitergabe eines Anwaltsschreibens rückt ein Untersuchungsausschuss gegen Innenminister Thomas Strobl (CDU) näher. »Der Innenminister bettelt ja geradezu darum, dass das Parlament zu anderen Möglichkeiten greift«, sagte der SPD-Politiker Sascha Binder am Mittwoch nach einer Befragung des Ministers im Innenausschuss in Stuttgart. Für die FDP sagte Julia Goll, da man im Ausschuss nicht vorankomme, müsse man sich fragen, welche weiteren parlamentarischen Mittel man nutzen könne. Indes wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft weitere Ermittlungen gegen Strobl aufgenommen hat. Die Anklagebehörde stellte aber klar, dass sie nach der Strafanzeige der FDP-Fraktion gegen den Minister den Vorwürfen nachgehen muss. Dies sei ein Automatismus.

Gegen den 62 Jahre alten CDU-Politiker wird bereits seit zwei Wochen wegen des Verdachts verbotener Mitteilung über Gerichtsverhandlungen ermittelt. Hintergrund ist, dass der Minister kürzlich eingeräumt hatte, im Dezember einem Journalisten das Schreiben des Anwalts eines suspendierten, hochrangigen Polizisten weitergeleitet zu haben. Gegen den Beamten wird wegen sexueller Belästigung ermittelt, in dem Schreiben bat der Beschuldigte um ein privates Gespräch mit der Ministeriumsspitze. SPD und FDP halten Strobl unter anderem den Verrat von Dienstgeheimnissen und Strafvereitelung im Amt vor und fordern seine Entlassung. Das Ministerium bestreitet, dass es sich um ein geheimes Schreiben handelt.

Strobls Staatssekretär Julian Würtenberger erklärte im Ausschuss: »Wo kein Geheimnis vorliegt, kann auch keine Rechtsgutsverletzung vorliegen.« Deswegen habe das Ministerium auch nicht die Staatsanwaltschaft dazu ermächtigt, wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen zu ermitteln. Würtenberger sagte aber auch, man werde sehen, was die erweiterten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dazu ergeben werden.

Die FDP hatte Strafanzeige wegen des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses, des Verdachts der Strafvereitelung im Amt, des Verdachts des Verrats von Privatgeheimnissen sowie des Verdachts des Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz erstattet. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte dazu: »Immer, wenn formell eine Anzeige gegen eine bestimmte Person eingeht, wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.« Dann werde automatisch geprüft, was an den Vorwürfen dran sei.

Strobl rechtfertigte im Ausschuss erneut, dass er das Schreiben an die Presse gegeben habe. Es sei richtig gewesen, »den Scheinwerfer der Öffentlichkeit auf diesen Vorgang zu richten«. In dem Schreiben hatte der Anwalt eines suspendierten, hochrangigen Polizisten um ein persönliches Gespräch mit dem Ministerium gebeten. Strobl wiederholte, er habe den Eindruck gehabt, dass der beschuldigte Polizist auf dem kurzen Dienstweg einen »Deal« machen wollte. Der Minister räumte zu der Weitergabe des Schreibens aber ein: »Ob es der Weisheit letzter Schluss gewesen ist, das einem einzelnen Journalisten zu geben, das kann man kritisieren. Das habe ich zu verantworten.«

Der Minister kritisierte wie auch Politiker der grün-schwarzen Koalition, dass SPD und FDP der Staatsanwaltschaft ständig Tipps und Empfehlungen gäben. »Ich werbe dafür, dass wir die Staatsanwaltschaft ihre Arbeit unbeeinflusst und unabhängig machen lassen.« Strobl versuchte zudem den Blick auf den Ausgangspunkt der Affäre zu lenken. Es gehe um die Vorwürfe wegen sexueller Belästigung. »Ich bitte Sie, auch in ihrem Furor gegen mich oder gegen wen auch immer, das nicht aus dem Auge zu verlieren.«

Harsche Kritik gab es von Grünen und CDU an FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke, der Strobl einen »Anschlag auf die Gewaltenteilung« vorgehalten hatte. Der CDU-Innenpolitiker Thomas Blenke sagte dazu: »Das was heute kam, das lässt alle Dämme brechen.« Für die Grünen sagte Oliver Hildenbrand: »Er gefährdet das Vertrauen in die Gewaltenteilung.« Rülke hatte gesagt, Strobl behindere die Justiz und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) schaue zu. »Solche Dinge erleben wir sonst nur in einer Bananenrepublik.« Neben den laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft habe man genug Stoff für drei Untersuchungsausschüsse.

© dpa-infocom, dpa:220517-99-326798/7