Der Tod von Alexej Nawalny hat den Bürgermeister der Schwarzwald-Gemeinde Ibach, wo sich der Kremlgegner im Jahr 2020 von seiner Vergiftung erholt hatte, nach eigenen Worten betroffen und traurig gemacht. »Unser Mitgefühl gilt seiner Frau, seinen Kindern und seinen Vertrauten, die mit ihm den Kampf für eine bessere Welt in seiner Heimat geführt haben«, erklärte Helmut Kaiser am Freitag.
»Gerne erinnern wir uns an die Gespräche mit ihm«, hieß es weiter. Seine Rückkehr nach Russland sei dabei auch Thema gewesen, berichtete Kaiser. »Er kannte die Gefahren, doch war es ihm wichtig, sich an der Seite der Menschen vor Ort in Russland um gerechte und bessere Lebensverhältnisse einzusetzen«, führte der Bürgermeister der Gemeinde im Landkreis Waldshut aus. »Dem hatte er sich mit allen Gefahren für sein Leben verschrieben.«
Nawalny war am 20. August 2020 bei einem Inlandsflug in Russland zusammengebrochen. Nach einer Notlandung in Sibirien wurde er auf Drängen seiner Familie in die Berliner Charité verlegt. Dort lag er wochenlang im Koma, bevor er in den Südschwarzwald kam, um sich von den Folgen des Giftanschlags mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok zu erholen.
»Er war wirklich ein feiner Kerl«
Rund zwei Wochen war damals in den Black Forest Studios in Kirchzarten (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) mit dem Oppositionellen für den Dokumentarfilm "Nawalny" gedreht worden. Das Werk gewann 2023 den Oscar als bester Dokumentarfilm. "Ich glaube, dass der Film sowas wie seine Lebensversicherung sein sollte", sagte Geschäftsführer Sebastian Weiland am Freitag. Er habe aber nicht den wohl erhofften Effekt gehabt und eine Wende in Russland herbeigeführt. Nawalny sei entschlossen gewesen, nach Russland zurückzukehren und in seiner Heimat seinen Kampf fortzuführen. Am Abend vor dem Abflug hätten sie noch zusammen Schwarzwälder Schnäpse getrunken. »Er war wirklich ein feiner Kerl«, sagte Weiland. Nawalny habe einen scharfen Geist und klare Visionen gehabt.
Nawalnys Team und seine Familie hätten geschlossen hinter ihm gestanden, berichtete Weilands Frau Nina Weiland. »Das war überwältigend mitzubekommen.« Es habe wohl niemand damit gerechnet, dass er in Haft stirbt - ohne dass die internationale Gemeinschaft etwas tun kann. »Es war für uns ein totaler Schock«, sagte Nina Weiland.
Strobl nennt Nawalny Held und Widerstandskämpfer
Verantwortlich für die Sicherheit Nawalnys und seiner Familie während seines Aufenthalts in Baden-Württemberg war das Landesinnenministerium. Ressortchef Thomas Strobl teilte am Freitag mit: »Mit Alexej Nawalny ist ein Held und Widerstandskämpfer qualvoll für seine Überzeugungen gestorben.« Er sei in Gedanken bei dessen Frau und Kindern, so der CDU-Politiker weiter. »Ich bin unendlich traurig. Freilich bin ich der festen Überzeugung: Der Tod von Alexej Nawalny ist nicht vergebens - das wird die Geschichte zeigen.«
Nach seiner Behandlung in Deutschland war Nawalny nach Moskau zurückgekehrt und dort am 17. Januar 2021 festgenommen worden. Seither saß er in Haft. Am Freitag sei der 47-Jährige nach einem Hofgang zusammengebrochen, teilte die Gefängnisverwaltung im Autonomen Kreis der Jamal-Nenzen offiziell mit.
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