STUTTGART. Erneut haben in Stuttgart Hunderte von Landwirten mit einer langen Treckerkolonne Front gemacht gegen ein vorgesehenes Aus für Steuervergünstigungen. Die Veranstalter erwarteten nach eigenen Angaben zunächst bis zu 1.000 Traktoren auf dem Cannstatter Wasen, von denen rund 150 Fahrzeuge zur Kundgebung vor dem Landwirtschaftsministerium in Stuttgart zugelassen wurden. Die Polizei sprach von »weit mehr als 1.000 Fahrzeugen« und rief auf der Plattform X die Menschen auf, Autofahrten in Stuttgart zu vermeiden oder die Landeshauptstadt zu umfahren. Bei der Anreise der Traktoren kam es zu langen Staus auf den zentralen Bundesstraßen und auf der Autobahn 8, bei der Abreise rechnete die Polizei erneut mit Verkehrsbehinderungen.
Landwirte sammeln sich am Traifelberg bei Engstingen
Am Morgen hatte ein Traktor-Konvoi auch den Verkehr auf der Bundesstraße 27 in Richtung Stuttgart lahmgelegt. Deutlich mehr als einhundert Traktoren haben sich laut Schätzungen eines Teilnehmers der Sternenfahrt in den frühen Morgenstunden am Traifelberg bei Engstingen getroffen und sich dann gemeinsam auf den Weg in die Landeshauptstadt gemacht.
Vor dem Landwirtschaftsministerium machten die Bauern ihrem Unmut mit einem Hupkonzert Luft, auf Transparenten hieß es »Der Hof brennt, die Ampel pennt«, »Landwirt war mein Traumberuf« oder »Armes Deutschland! Lässt seine Ernährer verhungern«.
Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) kritisierte am Donnerstag im Landtag die Sparpläne der Ampel-Koalition scharf. Ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung müsse einen Löwenanteil der Einsparungen leisten, sagte Hauk. »Das kannst du doch keinem Menschen mehr begreiflich machen, dass gerade die, die unsere Ernährung sicherstellen, wieder betroffen sind.« Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lasse keine Gerechtigkeit walten.
Mahnwachen bereits am Montag auf der Alb
Der Vizepräsident des Landesbauernverbands, Jürgen Maurer, forderte: »Die Vorschläge der Bundesregierung müssen ohne Wenn und Aber vom Tisch.« Die Bauern könnten daraus resultierende Wettbewerbsnachteile nicht ausgleichen. »Wir pflegen und erhalten die Kulturlandschaft und setzen einen hohen Tierwohlstandard um. All diese Leistungen müssen finanziert werden, damit die Bauernfamilien ihren Lebensunterhalt bestreiten können«, sagte Maurer einer Mitteilung zufolge.
Bereits am vergangenen Samstag hatte ein Demonstrationszug mit 160 Fahrzeugen in der Stuttgarter Innenstadt für Verkehrsbehinderungen gesorgt. Am Montag hatten zudem mehrere Tausend Teilnehmer mit Hunderten Treckern in Berlin ihrer Wut über die Sparpläne der Ampel-Koalition Luft gemacht. Weil für die Bauern von der Schwäbischen Alb der Weg in die Bundeshauptstadt zu weit gewesen ist, hatten vor Ort zu Mahnwachen getroffen, vor allem am Traifelberg bei Engstingen. Dort zählten die Organisatoren rund 200 Traktoren und 30 schwere Lastwagen der im Landwirtschaftsbereich aktiven Spediteure. Ähnliche Demonstration hatte es auch in anderen Bundesländern gegeben.
Die Bundesregierung will die Steuerbegünstigung beim Agrardiesel streichen und zudem die Kfz-Steuer auch für Traktoren, Mähdrescher und Erntemaschinen erheben. Die Landwirte wollen, dass der Beschluss der Ampel-Koalition zurückgenommen wird. Geschehe dies nicht, sind für Januar noch größere Protest-Aktionen geplant. (dpa/GEA)