Puppen liegen unterm Weihnachtsbaum, Computerspiele oder auch mal eine Spielzeugeisenbahn. Aber lebende Tiere? Um zu verhindern, dass Hundewelpen und kleine Kätzchen mit Schleifchen zum Fest verschenkt werden und es sich neue Besitzer nach kurzer Zeit schon wieder anders überlegen, appellieren Tierheime auch in diesem Jahr, Vierbeiner nicht an Weihnachten zu verschenken. Etliche Einrichtungen in Baden-Württemberg vermitteln daher auch in diesem Jahr vor Weihnachten keine ihrer Schützlinge.
So macht es etwa das Tierheim in Karlsruhe. »Wir vermitteln vor Weihnachten überhaupt keine Tiere, weil wir nicht wollen, dass irgendein Tier unter dem Weihnachtsbaum landet«, sagt Stephan Winterhoff, der Vorsitzende des Tierschutzhofs. Katzen, Hunde und auch Kaninchen blieben den ganzen Dezember lang im Heim. »Wir haben verhaltensauffällige Tiere hier bei uns und auch keinen Vermittlungsdruck«, sagt der Tierschützer. Anfragen gebe es aber immer mal wieder, da gelte es stets aufzupassen. »Es gibt dann auch Zeitgenossen, die nach einigen Abfuhren geschickter vorgehen.«
Tiere als Weihnachtsgeschenke, das ist für Winterhoff ein ganz empfindliches Thema: »Wir sammeln hier den Wohlstandsmüll unserer Gesellschaft«, kritisiert er. »Und vor allem rund um Weihnachten legen sich Menschen ein Tier im Unverstand zu und merken dann, dass das viel Geld kostet und sie mit nicht ihm nicht umgehen können.«
Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk weiß Winterhoff dabei auf seiner Seite. »Es ist gut, dass viele Tierheime vor Weihnachten einen Vermittlungsstopp einlegen«, sagt der CDU-Politiker. »Ein Haustier ist kein kurzzeitiger Weihnachtsgast und nicht nur über die Feiertage zu Besuch.« Vielmehr gehe es eine langjährige Verpflichtung und eine große Verantwortung. »Ein Tier sollte auch unter dem Tierschutzgedanken niemals spontan angeschafft werden.« Hauk empfiehlt eine intensive Beratung oder das Einlesen: »Ein entsprechendes Fachbuch aus der Buchhandlung um die Ecke ist ein durchaus sinnvolleres Weihnachtsgeschenk«, sagt er.
Auch im Böblinger Tierheim wird bis Neujahr kein Tier mehr vermittelt. Ausnahmen würden nur bei Kaninchen gemacht, sagt eine Mitarbeiterin. »Da ist im Todesfall eines Tieres schneller Ersatz gefragt, denn Kaninchen brauchen Gesellschaft.« Nicht in allen Fällen sei es zudem schwierig herauszufinden, ob Anfragen ernst gemeint seien: »Manchmal sagen die Leute schon am Telefon, dass sie ein Tier verschenken wollen. Dann lehnen wir kurz ab und verweisen auf Januar.«
Eine kürzere Pause legt das Ulmer Tierheim ein. Zwischen Heiligabend und Neujahr werde kein Tier vermittelt. »Und ansonsten haben wir genug Erfahrung, wir stellen im Gespräch bestimmte Fragen und kriegen dann schon raus, wie ernst es jemand mit seinem Wunsch nach einem Tier meint«, heißt es dort.
Teilweise kann Jutta Schweidler vom Tierheim in Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis) schon beim Eintreffen der Interessenten sagen, ob das Tier ein ständiger Partner werden kann oder eben doch nur ein Geschenk. »Wenn eine komplette Familie kommt, dann ist das natürlich gut«, sagt sie. »Und wenn jemand alleine kommt und einen Welpen wünscht, dann ist das ziemlich offensichtlich.« Das Team des Tierheims sei auch in der Vorweihnachtszeit sehr vorsichtig. »Ganz klare Weihnachtsgeschenke gibt es bei uns nicht«, sagt Schweidler.
Dennoch gelingt es dem einen oder anderen kurz vor Weihnachten doch, dem Nachwuchs seinen dringenden Wunsch zu erfüllen: »Weihnachten werden Kinder halt gefragt, was sie sich wünschen und dann gibt man dem nach«, sagt Martina Klausmann vom baden-württembergischen Landestierschutzverband. »Wenn dann aber der einst kleine Hund größer wird oder aufdringlich, weil sich niemand mit ihm beschäftigt, wenn er also rebelliert oder man merkt, dass es teuer wird, dann wird das Weihnachtsgeschenk zum Problem.«
Die Folge: Die Tierheime, die sich bereits wegen der Folgen der Corona-Pandemie vor Anfragen kaum retten können, müssen nun noch mehr unerwünschte Heimtiere aufnehmen. Vor allem die Suche nach Aufnahmeplätzen für »schwierige« Hunde werde immer schwieriger, sagt Verbandschef Stefan Hitzler. Er rechnet damit, dass die Probleme nach der Weihnachtseuphorie größer werden. »Viele Tierheime sind den unzähligen Anfragen aber schon nicht mehr gewachsen und bereits am Rand ihrer Aufnahmekapazitäten angekommen«, warnt er. »Hinzu kommt, dass zahlreiche Tierheime im Land derzeit selbst um ihre eigene Existenz kämpfen müssen.« Leidtragende seien vor allem die Tiere.
© dpa-infocom, dpa:221218-99-941530/3