STUTTGART. Der jüngste Angriff zweier Kampfhunde auf einen Jugendlichen in Leimen war nach Einschätzung von Experten eher eine Ausnahme. Zwar nimmt die Zahl der Attacken durch Hunde im Südwesten zu, aber das hat laut Innenministerium nichts mit wachsender Aggressivität der Vierbeiner zu tun. So verzeichnet die Statistik in der Kategorie »Tatmittel Hund« 1397 Fälle für das vergangene Jahr, darunter 1381 Körperverletzungen. Vor fünf Jahren waren es noch 1214 Fälle, darunter 1200 Körperverletzungen.
Das Ministerium führt diese Entwicklung auf die steigende Zahl der Hunde zurück. »Mehr Hunde bedeuten mehr Zwischenfälle«, erläuterte Ministeriumssprecher Renato Gigliotti am Mittwoch in Stuttgart. Bei den Körperverletzungen sind die meisten fahrlässig begangen worden. »Das ist dann der klassische Zwicker eines kleinen Hundes.« In diese Kategorie fallen aber auch Situationen, in der Menschen über Hunde stolpern und stürzen.
Die Statistik unterscheidet zwischen Hunden und Kampfhunden. Auf das Konto letzterer gingen im vergangenen Jahr 34 Delikte (2017: 37). Als weitere Straftaten nennt die Statistik Nötigung und Bedrohung, etwa das Versperren eines Weges mit dem Hund oder die Drohung, diesen loszulassen. Hier wurden im Vorjahr bei den Hunden 15 Fälle gezählt und kein Vorfall bei den Kampfhunden.
Der Fall des Jugendlichen, der in Leimen (Rhein-Neckar-Kreis) durch zwei junge Kampfhunde schwer verletzt wurde, sei ein äußerst seltener, sagte Gigliotti. Da sei alles schief gegangen, was möglich sei: Ein Minderjähriger war dort mit zwei weder mit Leine noch Maulkorb versehenen Hunden unterwegs. Nur Erwachsene dürfen jeweils einen Kampfhund führen, der gesichert sein muss, wenn er noch keine Wesensprüfung bestanden hat.
Das 15-jährige Opfer musste wegen Bissen am Kopf, Arm und Oberkörper in einer Spezialklinik behandelt werden. Im Mai 2017 war eine Seniorin in Stetten am kalten Markt bei Sigmaringen einem Hund der Rasse Kangal angefallen und zu Tode gebissen worden. Ihr Mann hatte eine Führerschein für das Halten von Hunden gefordert. Der Verband für das Deutsche Hundewesen lehnte dies ab, weil dann beispielsweise Senioren, die einer entsprechenden Prüfung nicht mehr gewachsen seien, keine Hunde halten dürften.
Im vergangenen Jahr wurden 23 (2014: 22) gefährliche Körperverletzungen durch Hunde gezählt. Bei Kampfhunden registrierte die Behörde drei Fälle. Als Kampfhunde gelten in Baden-Württemberg nach der Kampfhundeverordnung drei Hunderassen: American Staffordshire Terrier, Bullterrier und Pit Bull Terrier sowie Hunde ähnlicher Abstammung. In Leimen handelte es sich um zwei Hunde der Rasse American Stafford Mix.
Die Halter solcher Hunde können durch eine Prüfung vor einem Amtstierarzt und einem Polizeihundeführer widerlegen, dass besondere Gefahr von ihren Tieren ausgeht und Lockerungen erwirken. Zudem bedarf dies einer Feststellung durch das Ordnungsamt. Ministeriumssprecher Gigliotti sieht keine Tendenz, dass Hundehalter ihre Hunde zu aggressivem Verhalten erziehen. »Der Halter ist mit entscheidend für das Wesen des Hundes.« (dpa)