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Strobls Ex-Staatssekretär: »Haben eine Nebelkerze geworfen«

Julian Würtenberger galt als wichtigste Stütze des Innenministers in seiner Zeit als Staatssekretär. Nun muss er vor dem Untersuchungsausschuss aussagen zu den Vorwürfen gegen seinen alten Chef. Viel Stochern im Nebel - auch um Nebelkerzen.

Julian Würtenberger
Der ehemalige Staatssekretär im Innenministerium Julian Würtenberger. Foto: Marijan Murat
Der ehemalige Staatssekretär im Innenministerium Julian Würtenberger.
Foto: Marijan Murat

Aufarbeitung der Vorwürfe sexueller Belästigung an der Polizeispitze: Der ehemalige Staatssekretär im Innenministerium, Julian Würtenberger, hat nach eigenen Worten mit Erschütterung und Enttäuschung auf die Vorwürfe gegen den Inspekteur der Polizei reagiert. Würtenberger beschrieb den unterdessen suspendierten Inspekteur am Montag vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags als »strategisch denkend«, »zugewandt, offen, mitarbeiterorientiert«, als »anerkanntes Rad im Getriebe«. Rein fachlich habe er positive Eindrücke gewonnen. »Umso erschütterter und überraschter war ich, als ich gehört habe, was ihm vorgeworfen wird.« Es erschließe sich nicht in einer solchen Situation, was sich sonst so tue »hinter der Fassade«. Würtenberger ist seit Ende Mai vergangenen Jahres im Ruhestand.

Im U-Ausschuss geht es unter anderem um das Handeln von Innenminister Thomas Strobl (CDU) und des Innenministeriums im Fall des Verdachts der sexuellen Belästigung, der gegen den Inspekteur der Polizei Baden-Württemberg vorliegt. Den Ermittlungen zufolge soll der Polizist vor mehr als einem Jahr in Stuttgart eine Polizeibeamtin sexuell belästigt haben - im Gegenzug für Karrierevorteile. Erst kürzlich hatte das Stuttgarter Landgericht die Anklage gegen den Mann wegen sexueller Nötigung zugelassen. Damit wird ihm der Prozess gemacht. Der Polizist bestreitet die Vorwürfe.

Auch Innenminister Strobl stand wegen der Sache lange unter Druck. Er hatte nach eigenen Angaben ein Schreiben des Anwalts des Inspekteurs an einen Journalisten weitergereicht. Die Ermittlungen gegen ihn wurden gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt.

Sein ehemaliger Staatssekretär und Amtschef räumte am Montag auch eine gewisse Flexibilität des Hauses im Umgang mit journalistischen Anfragen ein. Ein weiterer Journalist wollte nämlich vom Ministerium wissen, wer das Anwaltsschreiben an den Reporter weitergereicht habe. Das Haus hielt sich jedoch damals bedeckt, klärte die Frage bewusst nicht auf. »Wir haben nichts Falsches gesagt, wir haben eine Nebelkerze geworfen«, rechtfertigte sich Würtenberger. »Wir haben die Frage nicht beantwortet.« Aber die Unwahrheit habe man nicht gesagt.

Würtenberger gilt als Architekt der beiden Koalitionen mit den Grünen 2016 und 2021. Beide Koalitionsverträge tragen seine Handschrift. Seit dem Start von Grün-Schwarz arbeitete Würtenberger an Strobls Seite, ließ sich aber 2019 schon einmal in den einstweiligen Ruhestand versetzen, bevor er 2021 ins Innenministerium zurückkehrte.

Mit Blick auf Fälle sexueller Belästigung bei der Polizei riet Würtenberger grundsätzlich zu einer »Obachtshaltung«. Man dürfe sich nicht blenden lassen. »Das Schlimmste sind Betriebsfeiern - dort die Form zu wahren, als wenn es eine dienstliche Besprechung wäre«, sagte er, diese Erkenntnis sollte man Führungskräften vermitteln. Ein strukturelles Problem könne er aber bei der Polizei nicht erkennen. Dort, wo Kolleginnen und Kollegen eng zusammenarbeiteten, müsse man darauf achten, dass solche Themen von Führungskräften thematisiert würden. »Das eine ist eine Führungsfrage.«

© dpa-infocom, dpa:230123-99-327455/3