Baden-Württemberg pocht auf eine härtere Bestrafung von Attacken auf Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungsdienstler. Innenminister Thomas Strobl (CDU) fordert eine Erhöhung des Mindeststrafmaßes für tätliche Angriffe von drei auf sechs Monate, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. Dafür will er sich bei der Innenministerkonferenz diese Woche in Berlin einsetzen. Die Anhebung des Mindeststrafmaßes sei geboten, um »die tiefe Verwerflichkeit von ausgeübter Gewalt gegen Einsatzkräfte auch im Strafrahmen abzubilden«, hieß es aus dem Ministerium.
»Wer die verletzt, die uns schützen, muss hart bestraft werden«, betonte Strobl. In Baden-Württemberg seien Gewalttaten gegen Polizeibeamte in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 50 Prozent auf 5422 Fälle allein im Jahr 2022 angestiegen. »In fast jedem zweiten Fall sind es tätliche Angriffe - und die Folgen wiegen schwer«, sagte Strobl. Die Zahl der verletzten Polizisten im Land habe um mehr als 60 Prozent auf fast 2700 in 2022 zugenommen. Auch Feuerwehr- und Rettungskräfte sähen sich mit einer Zunahme von Angriffen konfrontiert.
Der grüne Koalitionspartner klingt nicht ablehnend, aber eher zurückhaltend. Er habe nichts gegen die Initiative Strobls einzuwenden, kommentierte Grünen-Innenpolitiker Oliver Hildenbrand den Vorstoß auf Nachfrage. Gewalt gegen Einsatzkräfte gehe gar nicht. »Die Diskussion über Strafverschärfungen können wir führen«, betonte Hildenbrand. »Im Kern geht es natürlich um eine gesellschaftliche Kurskorrektur, die wir erreichen müssen.«
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hält von der Initiative überhaupt nichts. »Das ist ein echter Strobl - bisschen Wind und bringt nichts«, sagte Landeschef Ralf Kusterer. Seine Begründung: »Täter schauen vor der Tat nicht ins Strafgesetzbuch, was für eine Strafe ihnen im Detail blüht.« Für Kusterer besteht das größte Problem darin, dass so viele Fälle von Beleidigungen und Angriffen eingestellt würden. Es brauche schlicht mehr Staatsanwälte und Richter. »Kein Fall einer Beleidigung eines Polizeibeamten darf eingestellt werden«, sagte Kusterer. »Alles muss verhandelt werden.« Das sei das wichtigste Signal. »Nur so kann der Staat seinen Respekt wieder zurückholen.« Mit der Beleidigung beginne eine Gewaltspirale. Und: Wer die Polizei angreife, tue das erst recht beim Normalbürger.
Der Feuerwehrverband Baden-Württemberg hingegen begrüßt die Idee. Im Südwesten hielten sich Angriffe auf Einsatzkräfte noch in Grenzen etwa im Vergleich zu Berlin, sagte der Verbandssprecher Andreas Wersch. Trotzdem sei es gut, wenn Maßnahmen ergriffen würden, egal welcher Art. »Es geht oftmals auch um eine symbolische Aussage.« Ihm sei unverständlich, wie man Einsatzkräfte angreifen könne, die eigentlich nur helfen wollten.
Strobl hatte bei der Vorstellung der Kriminalstatistik 2022 im Frühjahr mit Blick auf Gewalttaten gegen Polizistinnen und Polizisten von einem »alarmierendem Höchststand« und von einer »Verrohung« gesprochen. Auch Rettungskräfte würden immer öfter Ziel von Angriffen, hier sei die Zahl der Straftaten 2022 um 20,3 Prozent auf 225 gestiegen. 104 Menschen seien dabei verletzt worden. Der Vize-Regierungschef hatte in dem Kontext eine gesellschaftliche Kraftanstrengung und eine gesamtgesellschaftliche Kurskorrektur gefordert.
© dpa-infocom, dpa:231205-99-183101/4