CDU-Landeschef und Vize-Regierungschef Thomas Strobl setzt auf eine Fortführung der grün-schwarzen Koalition unter Führung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bis zum Ende der Legislaturperiode. »Ich hoffe sehr, der liebe Gott möge ihm die Gesundheit, die Kraft und alles andere geben, dass er diese Amtszeit erfolgreich und gut - und im Übrigen mit der CDU gemeinsam - zu Ende bringt«, sagte Strobl der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Strobl lobte die Zusammenarbeit mit Kretschmann in höchsten Tönen: »Ich freue mich jedenfalls auf jeden Tag, an dem ich mit ihm zusammenarbeiten darf.«
Nach der Landtagswahl 2021 entschied sich Kretschmann gegen eine Ampel mit SPD und FDP und für eine Neuauflage der Koalition mit den Christdemokraten - obwohl die CDU bei der Wahl hohe Verluste eingefahren hatte. Der Ministerpräsident will zwar zur Landtagswahl 2026 nicht mehr für die Grünen antreten. Immer wieder seit seiner Wiederwahl 2021 wird aber die Frage aufgeworfen, ob der 74-Jährige überhaupt die vollen fünf Jahre bis zum Ende der Legislaturperiode im Amt bleiben wird. Das hat auch eine Verbindung zur Nachfolgefrage, für die die Grünen derzeit ein Verfahren suchen. Kretschmann selbst betonte zuletzt immer wieder, dass er sich noch richtig fit fühle.
Innenminister Strobl regiert bereits seit 2016 mit Kretschmann zusammen. Strobl gilt als Brückenbauer zu den Grünen und Kretschmann, das Verhältnis der beiden Männer gilt als Kitt der Koalition im Südwesten. »Mit dem Ministerpräsidenten habe ich einen Partner, mit dem ich absolut verlässlich und vertrauensvoll zusammenarbeite, dem es wie mir ausschließlich darum geht, dass wir das Land gut durch diese Krisen bekommen. Dafür bin ich außerordentlich dankbar.«
Strobls eigene politische Zukunft ist aber unklar. Als Spitzenkandidat zur Landtagswahl 2026 wird er in seiner Partei, zu der er nie ein einfaches Verhältnis hatte, nicht mehr gehandelt. Fraktionschef Manuel Hagel hat Ambitionen. Ob Strobl als Landesvorsitzender beim Parteitag im November noch einmal antritt oder Hagel übernimmt, ist offen.
Mit der Zeit nach der Politik beschäftige er sich noch nicht, sagte der 62-Jährige der dpa. »Ich bin eigentlich gut ausgelastet, zuweilen wieder 18 Stunden am Tag unterwegs. Die wenige Zeit, die bleibt, beschäftige ich mich dann nicht mit solchen Themen.« Verantwortung in schweren Zeiten zu haben, sagte Strobl, sei nicht unbedingt ein Vergnügen, aber eine privilegierte Aufgabe.
Auch wenn Grüne und CDU stiller und geschmeidiger regieren als noch in der letzten Legislaturperiode, räumte Strobl wiederkehrende Differenzen ein zwischen den Koalitionspartnern. »Dass es wie am Schnürchen und ohne jede Probleme läuft, wäre vielleicht ein bisschen übertrieben«, sagte er. »Selbstverständlich haben auch wir jeden Tag Herausforderungen und Probleme.« Aber was gut sei, auch im Gegensatz zum öffentlichen Streit der Ampel, sagte er: »Wir setzen uns zusammen - und lösen das Stück für Stück, im persönlichen Gespräch.«
Vertrauen und Verlässlichkeit sei die entscheidende Währung in dem Geschäft, so Strobl - und die hänge von Personen ab. »Ich darf es mal auf Schwäbisch formulieren: Zwischen dem Ministerpräsidenten und mir gilt das Motto: «Wir bescheißen uns nicht gegenseitig.» Das haben wir jetzt bereits sieben Jahre lang nicht gemacht.«
2022 sei für ihn persönlich und politisch ein sehr schweres Jahr gewesen, sagte Strobl. Politisch musste er sich mit Rücktrittsforderungen und einem Untersuchungsausschuss auseinandersetzen, privat hatte er mit einer schweren Corona-Infektion zu kämpfen. »Ich bin ich dem lieben Gott und den Medizinern sehr, sehr dankbar, dass meine körperliche Kondition nach einigen Monaten wieder hergestellt ist.«
Das Tagesgeschäft sieht er nun ein Stück weit gelassener. »Meine Frau sagt mir immer, wenn ich mal mit etwas getrübter Stimmung nach Hause komme: «Du wirst mir jetzt nicht anfangen, Dinge persönlich zu nehmen!». Die Politik ist ein hartes Geschäft, und wem es zu heiß in der Küche ist, der muss aus der Küche raus.«
Die Opposition reagiert bissig auf die politische Männerfreundschaft von Kretschmann und Strobl. »Zwei Männer, die längst nicht mehr in der Mitte ihrer Parteien stehen, klammern sich aneinander. Das ist menschlich bewegend, aber es bewegt leider gar nichts für unser Land«, kritisiert SPD-Fraktionschef Andreas Stoch. Kretschmann und Strobl seien so damit beschäftigt, sich »gegenseitig das Fell zu kraulen«, dass sie keine Hand mehr fürs Regieren frei hätten. »Kretschmann und Strobl rühmen sich dafür, dass ihr Koalitionskonstrukt so mucksmäuschenstill ist. Denn mehr bringt es leider auch nicht zustande. Für das Land wäre eine Koalition besser, die manchmal offen und vernehmlich diskutiert, dann aber handelt.«
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke, der regelmäßig den Innenminister kritisiert und seinen Rücktritt fordert, schreibt Strobl eine »kurze Restlaufzeit« in der Politik zu. »Der Untersuchungsausschuss und seine eigene Partei werden schon dafür sorgen, dass er nicht mehr allzu lange in der heißen Küche für ungenießbare Mahlzeiten sorgt.«
© dpa-infocom, dpa:230212-99-565329/2