STUTTGART. Eine Händlerin des Stuttgarter Weihnachtsmarkts war gerade dabei, für die neue Saison (vom 29. November bis zum 23. Dezember) ihre Dienstpläne zu erstellen. Beim Blick auf die Homepage der bunten Budenstadt traute sie ihren Augen nicht. Dort standen plötzlich ganz andere Öffnungszeiten als die, die sie seit Jahren gewohnt ist. »Man hat uns von der Änderung nichts gesagt«, klagt sie.
Künftig geht es erst um 11 Uhr los (statt bisher um 10 Uhr), dafür sollen alle Stände des Weihnachtsmarkts donnerstags bis samstags bis 23 Uhr geöffnet sein, sonntags bis mittwochs bis 21 Uhr. Eine Beschickerin, die Socken verkauft, findet das ganz und gar nicht gut. »Wir haben oft schon um 10 Uhr gute Umsätze gemacht«, sagt sie, »aber nach 20 Uhr geht so gut wie nix mehr bei uns.« Nun müssten sie und ihr Team noch länger nachts in der Kälte stehen, ohne dass viel verkauft werde.
»Man kann es nie allen recht machen«
Marcus Christen von der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart begründet die neuen Öffnungszeiten mit der Konkurrenz, die sich auf einer Landesfläche befindet. »Wenn der Weihnachtsmarkt geschlossen wurde, hat der Run zum Wintertraum auf dem Schlossplatz begonnen, wo um 23 Uhr Schluss ist«, sagt er. In diesem Jahr gebe der Kalender nur einen kurzen Weihnachtsmarkt her, weshalb man den Händlern ein zusätzliches Bonbon bescheren wolle. Der 25. Wintertraum startet übrigens am 1. November – wieder mit einer Rollschuh – statt einer Eisbahn.
Vor einem Jahr kam der Budenzauber in Stuttgart auf rekordverdächtige 31 Tage und lockte über drei Millionen Menschen an. In diesem Jahr sind’s nur 25 Tage. Esslingen startet angesichts der kurzen Adventszeit bereits am 23. November. in.Stuttgart dafür die neuen Öffnungszeiten beschlossen. Nur bei den Gebühren müsse der Gemeinderat entscheiden, erklärt Christen, nicht aber beim Festlegen des Feierabends. Dass nicht alle Beschicker einverstanden sind, morgens später anzufangen und abends länger an den Ständen zu stehen, überrascht Marcus Christen nicht: »Man kann es nie allen recht machen.« Wer damit nicht einverstanden ist, darf aber nicht früher seinen Stand schließen. »Der Weihnachtsmarkt ist eine Solidargemeinschaft«, sagt der Veranstaltungsleiter von in.Stuttgart.
Über den neuen Beschluss freut sich Wirtin Conny Weitmann, bei der es Essen und Getränke gibt. Doch sie versteht, dass Kollegen nun protestieren. »Spätabends wird nichts mehr verkauft, was nichts mit Gastronomie zu tun hat«, sagt sie. Ein anderer Händler, der seinen Namen nicht nennen will, kritisiert die Veranstalter von in.Stuttgart, weil man keine Umfrage unter allen Beschickern gemacht habe, obwohl man dies versprochen habe. »Da hat sich die Glühwein-Mafia durchgesetzt«, sagt er überspitzt, »uns dagegen hat keiner befragt.« Ein schöner Weihnachtsmarkt müsse mehr sein als alkoholhaltige Heißgetränke. Andere wiederum glauben, dass spätere Öffnungszeiten mehr auswärtige Besucher anlocken würden, was also für den Tourismus gut sei.
Weihnachten rückt näher. In Kürze tut sich was auf dem Schlossplatz: Der Aufbau des Riesenrads soll diese Woche beginnen. Die erste Fahrt im Ehrenhof ist für den 27. Oktober vorgesehen. (GEA)