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Stadt Tübingen unterliegt im Streit um Verpackungssteuer

Damit weniger Müll anfällt, wird in Tübingen seit Jahresbeginn eine Steuer auf Einweggeschirr fällig. Die Klage einer McDonalds-Filiale dagegen hat vorerst Erfolg. Doch die Stadt gibt nicht so leicht auf.

Verpackungsmaterial
Eine Auswahl an Verpackungsmaterial liegt zu Demonstrationszwecken im Verhandlungssaal auf dem Tisch. Foto: Uwe Anspach
Eine Auswahl an Verpackungsmaterial liegt zu Demonstrationszwecken im Verhandlungssaal auf dem Tisch.
Foto: Uwe Anspach

Die Stadt Tübingen hat mit ihrer Verpackungssteuer vor Gericht einen empfindlichen Dämpfer erhalten: Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg erklärte die Steuer am Mittwoch für unwirksam. Die Klage der Inhaberin einer Tübinger McDonalds-Filiale war damit erfolgreich, wie ein Sprecher in Mannheim mitteilte. Die Stadt möchte an der Regelung jedoch weiter festhalten - mindestens so lange, bis die schriftliche Begründung vorliegt.

Das soll laut Gericht noch im April der Fall sein. Das Urteil der Richter erging im Anschluss an die mündliche Verhandlung vor dem Gericht am Dienstag. Es wurde Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer bedauerte die Entscheidung. Man habe gezeigt, dass die Steuer in der Praxis funktioniere. Überall in Tübingen breiteten sich Mehrweg-Konzepte aus, die Stadt werde sauberer, die große Mehrheit der Menschen sei zufrieden, teilte der Grünen-Politiker am Mittwoch mit. Das Urteil sei deshalb eine Enttäuschung.

Zum weiteren Vorgehen erklärte Palmer, dass der Gemeinderat darüber entscheiden solle, ob die Stadt das Urteil annehmen oder vor dem Bundesverwaltungsgericht in Revision gehen solle. Die Verpackungssteuer sei nicht außer Kraft gesetzt, bevor das Urteil rechtskräftig werde, sagte Palmer. Gehe die Stadt in Revision, gelte die Regelung bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts weiter.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) auf, gegen die Einweg-Müllflut in den Städten vorzugehen. Nach dem Urteil sei klar, dass den Kommunen zur Bekämpfung der wachsenden Müllberge aus Einweg-Geschirr, Essensboxen, Getränke- und Coffee-to-go-Bechern das effektivste Lenkungsinstrument in Richtung Mehrweg bis auf weiteres nicht zur Verfügung stehe. Die DUH forderte eine bundeseinheitliche Abgabe von mindestens 20 Cent auf Einweg-to-go-Verpackungen sowie ein komplettes Einweg-Verbot für den Vor-Ort-Verzehr.

In Tübingen werden seit Januar 50 Cent fällig für jeden Einweggetränkebehälter sowie für Einweggeschirr und -speiseverpackungen sowie 20 Cent für jedes Einwegbesteck-Set. Pro Einzelmahlzeit werden maximal 1,50 Euro kassiert. Die Steuern müssen die Verkaufsstellen zahlen, die in den Einwegverpackungen Speisen und Getränke für den sofortigen Verzehr oder zum Mitnehmen ausgeben. Etwa 440 Betriebe beteiligen sich.

Die Inhaberin der Tübinger McDonalds-Filiale hatte in ihrer Klage bemängelt, die Steuer stehe im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes. Sie argumentierte, dass sie bereits Lizenzgebühren zahle für ihre Beteiligung am Dualen System. Die Verpackungssteuer führe zu einer zusätzlichen, erheblichen Belastung.

McDonalds unterstützte die Klage der Tübinger Filiale. Es brauche in dieser Sache einen bundesweit einheitlichen Rahmen, hatte das Unternehmen zuvor mitgeteilt. Lokale Sonderwege einzelner Städte oder Gemeinden stünden einem national erfolgreichen und implementierbaren Konzept im Weg.

Nach Angaben der Stadt hat die Verpackungssteuer das Müllaufkommen in Tübingen bereits um mehrere Tonnen reduziert. Einen Monat nach Einführung der neuen Steuer hatte die Stadt von einem Rückgang des Abfalls im Tübinger Stadtgebiet um 5 bis 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum berichtet. So wurden im Januar 2022 nur noch rund 31 Tonnen Abfall entsorgt - gegenüber 34 Tonnen im Januar 2020. Im Januar 2021 waren laut Stadt pandemiebedingt nur rund 24 Tonnen Müll angefallen.

© dpa-infocom, dpa:220330-99-727400/5