Wegen klammer Kassen warnen die Städte in Baden-Württemberg vor spürbaren Einschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger. »Wegen des Tarifvertrags im öffentlichen Dienst und dem Rückgang der Steuereinnahmen haben die Städte künftig weniger Einnahmen - und das wirkt sich auf die tägliche Daseinsvorsorge aus«, sagte Ralf Broß, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags Baden-Württemberg der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.
Die klamme Kassenlage würden auch die Bürgerinnen und Bürger zu spüren bekommen, so Broß: »Die Bürger müssen damit rechnen, dass liebgewonnene Dienstleistungen in Zukunft in der Form nicht mehr zur Verfügung gestellt werden können.«
So könnten etwa die Öffnungszeiten öffentlicher Einrichtungen wie Büchereien oder Kitas reduziert werden - oder auch Einrichtungen ganz geschlossen werden. »Es wird sicherlich in einigen Städten auch die Diskussion geben, ob man von den fünf Hallenbädern, die man unterhält, nicht eines schließt«, sagte Broß. Neben der finanziellen Lage der Kommunen mache sich in dieser Hinsicht auch der Fachkräftemangel immer stärker bemerkbar.
Arbeitgeber und Gewerkschaften hatten sich im April auf eine deutliche Gehaltserhöhung für die Beschäftigten von Bund und Kommunen geeinigt. Die Einigung sieht unter anderem steuer- und abgabenfreie Sonderzahlungen von insgesamt 3000 Euro in mehreren Stufen vor. Ab März 2024 soll es dann als Lohnplus einen Sockelbetrag von 200 Euro sowie anschließend 5,5 Prozent mehr geben. Vertreter der Kommunen sprachen von zusätzlichen Kosten in Höhe von rund 17 Milliarden Euro.
Auch das Land rechnet mit starken Belastungen für seinen Haushalt. Tarifverhandlungen für die Landesbediensteten stehen im Herbst an. Eine Übernahme der Tarifeinigung für die Bediensteten von Bund und Kommunen würde Baden-Württemberg nach einer Schätzung rund drei Milliarden Euro kosten. Das hatte die »Südwest Presse« unter Berufung auf das Finanzministerium berichtet. Die Summe beziehe sich auf eine Laufzeit von 24 Monaten. »Das liegt weit über dem, was wir schon in Voraussicht vorgesehen haben«, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) damals.
Broß betonte, dass die Städte und Gemeinden bei den nächsten Finanzverhandlungen mit dem Land dennoch mehr Unterstützung einfordern wollen. »Das Land weist uns immer wieder Aufgaben zu, kommt aber seiner Finanzierungspflicht nicht nach«, sagte Broß.
Um alle Aufgaben, die das Land per Gesetz an die Kommunen weitergegeben habe, auskömmlich zu finanzieren, brauche es aus Sicht der Städte etwa 1,9 Milliarden Euro pro Jahr. »Im Rahmen der Verhandlungen in der gemeinsamen Finanzkommission sind dabei aber nur 550 Millionen Euro rausgekommen. Das zeigt die Differenz - und es zeigt, dass wir das Geld dringend brauchen.«
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