Max Eberl war nach dem nächsten Tiefpunkt des schwer angeschlagenen FC Bayern München in dieser Saison komplett bedient. »Wir sollten uns heute alle ein Stück weit schämen«, sagte der Sportvorstand des deutschen Fußball-Rekordmeisters nach der 2:3 (2:0)-Niederlage beim Aufsteiger 1. FC Heidenheim am Samstag. »Und wir sollten gucken, dass wir relativ schnell das Bayern-Wappen würdiger vertreten.«
Eberls deutliche Kritik zielte mehr auf die Spieler ab als auf Trainer Thomas Tuchel. Der soll laut den Clubbossen vorerst bleiben. Und im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League beim FC Arsenal am Dienstag irgendwie den Turnaround schaffen, um die letzte Münchner Titelchance in dieser Spielzeit am Leben zu halten. Nach der Blamage auf der Ostalb fragt man sich mehr denn je, wie das gelingen soll.
»Das ist nicht das Bayern München, das ich kannte«, sagte Eberl, der seinen Job an der Säbener Straße vor wenigen Wochen inmitten größter Unruhe angetreten hat und in Heidenheim von der Tribüne aus mit ansehen musste, wie sich seine Mannschaft nach dem ersten Gegentor noch in einen wilden Schlagabtausch verwickeln ließ und letztlich einmal mehr in sich zusammenfiel. Harry Kane (38.) und Serge Gnabry (45.) hatten die bis dahin souveränen Bayern in Führung gebracht, Kevin Sessa (50.) und Doppeltorschütze Tim Kleindienst (51./79.) das Spiel gedreht.
Er habe nach der Niederlage im Klassiker gegen Borussia Dortmund (0:2) vorige Woche gesagt, dass »wir hier einen Charakter-Test haben«, erklärte Eberl. »Den haben wir in der ersten Halbzeit bestanden, in der zweiten Halbzeit versagt.« Ihm falle mit Blick auf das Arsenal-Spiel aktuell wenig ein, was Hoffnung macht, gestand der 50-Jährige. Ein erneuter Trainerwechsel soll es aber nicht sein.
Tuchels Ansprache unter der Woche sei »extrem emotional« gewesen, berichtete Eberl. »Thomas hat alles in diesen Besprechungsraum gelegt. Wenn du dann das zurückbekommst, ist es definitiv nicht das, was Thomas verdient hat.« Es sei für ihn »völlig klar, dass er am nächsten Dienstag auf der Bank sitzt und am Samstag gegen Köln auf der Bank sitzt«, so der Sportvorstand über den Trainer. Gegen Köln wird Tuchel allerdings fehlen. Nachdem er wegen Meckerns Gelb gesehen hatte, ist der Coach ein Liga-Spiel gesperrt.
Seine Mannschaft habe in der Phase direkt nach der Pause »alles aus der Hand gegeben, was wir uns vorher aufgebaut haben« und es »komplett eingestellt, Fußball zu spielen«, bemängelte Tuchel. Sie habe dann noch mal eine »gute Reaktion« gezeigt. Dass sie in der aufgeladenen Atmosphäre trotzdem noch den endgültigen K.o. und die bereits sechste Liga-Niederlage der Saison kassierten, passte aber ins kümmerliche Bild, das die Bayern derzeit abgeben.
»Dass wir nicht in der besten Phase der Vereinsgeschichte sind, ist allen Beteiligten klar«, sagte Thomas Müller nach seinem 700. Pflichtspiel für die Münchner mit einem Anflug von Sarkasmus. Die Teamkollegen in den Senkel stellen wollte der Routinier aber nicht. Er selbst sei »fast schon wieder im Kampfmodus Richtung Dienstag«, sagte Müller. Auch da werde die Mannschaft »wieder alles geben«, versicherte er. »Es ist nicht so, dass wir mit dem Finger in der Nase bohren und uns alles egal ist.« In vielen Momenten, so der 34-Jährige, fehle einfach der nötige »Punch«.
Für die Medien gelte »Feuer frei bis Dienstag«, sagte Müller im Wissen, dass neue unangenehme Diskussionen auf den Club, den - Stand jetzt - erst im Sommer scheidenden Trainer und eine in weiten Teilen leblos wirkende Mannschaft zukommen werden. Die Bayern selbst, so Müller, wollen aber »zusammenbleiben«. Und ihren Schlingerkurs auf der Zielgeraden der Saison irgendwie noch mal verlassen.
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