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Schüler und Wirtschaft für mehr technologisches Know-How

Wie funktioniert ein Chatbot, wie programmiert man einen Algorithmus, welche Gefahren birgt KI? Der technische Wandel verändert auch die Anforderungen an die Ausbildung von Schülerinnen und Schülern. Es wird viel getan, aber das reicht aus Sicht mancher nicht.

Digitalisierung am Otto-Hahn-Gymnasium Nagold
Schülerinnen des Otto-Hahn-Gymnasiums bauen in einem Klassenzimmer ein Hänger für ein Lego Spike Fahrzeug zusammen. Foto: Silas Stein/DPA
Schülerinnen des Otto-Hahn-Gymnasiums bauen in einem Klassenzimmer ein Hänger für ein Lego Spike Fahrzeug zusammen.
Foto: Silas Stein/DPA

Schülerinnen und Schüler haben aus Sicht der Industrie nicht genügend Kenntnisse in Sachen Digitalisierung, wenn sie ins Berufsleben starten. Ein Sprecher des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK) erklärte: »Die Wirtschaft sieht bei der informationstechnischen Grundbildung der Schulabgängerinnen und Schulabgänger nach wie vor Defizite.« Dieser Bildungsbereich müsse ausgebaut werden. »In Zeiten von Wirtschaft 4.0 ist die Vermittlung grundlegender digitaler Kompetenzen sogenannter Future Skills aus Sicht der Wirtschaft unerlässlich.« Der Landesschülerbeirat fordert vor allem besser ausgebildete Lehrkräfte.

Diese seien dafür derzeit »auf gar keinen Fall« ausreichend ausgebildet, erklärte eine Sprecherin. Der aktuelle Stand etwa zu ChatGPT sei zwar in Ordnung. »Tatsächlich sind für die Verhältnisse des Kultusministeriums sehr schnell Angebote zur Fortbildung geschaffen worden.« Nichtsdestotrotz müsse die Zahl freiwilliger und eventuell verpflichtender Fortbildungen steigen. Oft hätten Schüler und Schülerinnen mehr Fähigkeiten im Umgang mit neuen Technologien.

»Es gibt immer wieder Lehrkräfte, die durch ihr Wissen herausstechen und durchaus über überdurchschnittliches Wissen verfügen«, erläuterte die Sprecherin. Aber alle sollten auch dann Basiskompetenzen in dem Bereich erlernen, wenn sie Fächer studieren, die erstmal nichts mit Technologie zu tun haben wie Deutsch oder Geschichte.

»Lehrkräfte müssen up to date bleiben und ihre Kenntnisse kontinuierlich erweitern, um den Anforderungen der sich ständig verändernden digitalen Welt gerecht zu werden«, so der Schülerbeirat. Lehrerinnen und Lehrer bräuchten die nötigen Kompetenzen, um Schülerinnen und Schüler optimal auf die digitale Welt vorzubereiten.

Bei einer Umfrage für den Verband Bildung und Erziehung (VBE) gaben nur 38 Prozent der teilnehmenden Schulleiterinnen und Schulleiter in Baden-Württemberg an, dass (fast) alle Lehrkräfte ihrer Schule schon an mindestens einer Fortbildung zum Einsatz digitaler Endgeräte im Unterricht teilgenommen hätten. Bundesweit lag die Quote den Angaben nach bei rund 46 Prozent. 34 Prozent der Teilnehmer im Südwesten gaben an, dass nur ein Viertel oder weniger ihrer Lehrkräfte eine solche Fortbildung besucht habe (bundesweit: 27 Prozent).

Selbst bei Lehrkräften, die gerade ihre beiden Ausbildungsabschnitte beendet haben, gehen nur 42 Prozent der Schulleiterinnen und Schulleiter in Baden-Württemberg davon aus, dass diese sehr gut oder gut auf den Einsatz digitaler Endgeräte vorbereitet seien. 53 Prozent meinen, dass diese Lehrkräfte weniger gut oder schlecht vorbereitet seien (bundesweit: 47 beziehungsweise 48 Prozent, Rest »weiß nicht«).

Lehrkräfte dürften nicht allein gelassen werden, meint auch der BWIHK. Die Schulen benötigten die Infrastruktur und angemessene technische Unterstützung sowie eine entsprechende Ausrichtung der Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte. »Es ist erfreulich, dass engagierte Lehrkräfte und Schulen neue Entwicklungen wie KI und ChatGPT aufgreifen und damit experimentieren«, erklärte der Sprecher.

Betriebe setzten den Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) zwar bei Bewerbern im Alter von 16 bis 18 Jahren üblicherweise nicht voraus. Notwendig seien aber unter anderem eine verbindliche und flächendeckende IT-Grundbildung, Offenheit und Neugier gegenüber neuen Themen und Technologien. Zudem sollten sie lernen, die Wirkung moderner Technologien einzuschätzen. Jugendlichen sollten abschätzen können, was zum Beispiel eine KI zu leisten vermag und was nicht.

Das Kultusministerium in Stuttgart verweist darauf, dass das Land im Rahmen der sogenannten Fortbildungsverstärkung bis 2024 zusätzlich neun Millionen Euro in Fortbildungen im Bereich der Medienbildung und Digitalisierung investiere. Das Angebot richte sich sowohl an Einsteigerinnen und Einsteiger als auch an Fortgeschrittene. Speziell zum Thema KI würden im Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung verschiedene Fortbildungen mit weiterführenden Informationen angeboten.

Schule hat laut einer Ministeriumssprecherin die Aufgabe, Themen wie KI aktiv im Unterricht aufzunehmen. Schülerinnen und Schüler müssen lernen, wie KI-Techniken beziehungsweise die Algorithmen dahinter funktionieren und welche Chancen und Möglichkeiten, aber auch Risiken damit verbunden sein können. Darüber könne zum Beispiel in den Fächern Ethik und Philosophie in der gymnasialen Oberstufe diskutiert werden. Fachliche Kompetenzen würden im Fach Informatik aufgebaut.

Dort - sowie in AGs und verwandten Fächern gehe es auch um Programmiersprachen. Der Grundkurs Informatik in Klasse 7 sei ein Pflichtangebot. An beruflichen Gymnasien sei Informatik seit dem Schuljahr 2021/2022 Pflichtfach in der gesamten Oberstufe. Darin gehe es um Grundlagen der Programmierung, Algorithmen und Datenstrukturen.

»Wir gehen in der Bildung offen und vernünftig mit der Künstlichen Intelligenz und entsprechenden Chatbots wie ChatGPT um«, erklärte Kultusministerin Theresa Schopper. Jede gesellschaftliche Neuerung schlage an den Schulen auf und gerade auf dem Feld der IT müsse man Antworten auf die Fragen der Schülerinnen und Schüler haben: »Die moderne Technik hat längst Einzug im Alltag der Kinder und Jugendlichen gehalten«, sagte die Grünen-Politikerin. »Es ist unsere Aufgabe, sie im Umgang mit KI fit zu machen, also ihnen auch die entsprechende Kritikfähigkeit gegenüber Chatbots zu vermitteln.«

Aus Sicht der Wirtschaft wäre es sinnvoll, wenn interessierte Schüler und Schülerinnen alle die Möglichkeit hätten, eine Programmiersprache zu erlernen. Der Schülerbeirat sprach sich gegen eine verpflichtende Programmiersprache aus. Die Technologielandschaft verändere sich schnell, hieß es: »Einige der heute relevanten Programmiersprachen könnten in Zukunft möglicherweise nicht mehr relevant sein beziehungsweise werden zum jetzigen Stand Programmiersprachen gelehrt, die in der Technologiewelt kaum noch Anwendung finden.«

VBE über Umfrage

© dpa-infocom, dpa:230702-99-257348/2