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»Saftige Niederlage« - Kretschmann kritisiert die Grünen

Er teilt gerne mal gegen die eigenen Reihen aus, das gehörte auch stets zum Erfolgsrezept von Winfried Kretschmann. Doch bei der Europawahl müssen seine Grünen im Südwesten genauso Federn lassen.

Winfried Kretschmann
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, spricht bei einer Pressekonferenz im Landtag. Ein Thema ist die Austragung der Fußball-Europameisterschaft mit fünf Spielen in Stuttgart. Foto: Bernd Weißbrod/DPA
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, spricht bei einer Pressekonferenz im Landtag. Ein Thema ist die Austragung der Fußball-Europameisterschaft mit fünf Spielen in Stuttgart.
Foto: Bernd Weißbrod/DPA

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat den Kurs seiner Partei nach dem dramatisch schlechten Abschneiden der Grünen bei der Europawahl deutlich kritisiert. Er sprach am Dienstag in Stuttgart von einer »saftigen Niederlage«, die schmerze. Man habe sich im Land nicht vom Bundestrend abkoppeln können, sagte der Grünen-Politiker. »Der negative Sog hat sich in den letzten Monaten verstärkt und reißt uns mit.«

Die CDU hatte die Europawahl in Baden-Württemberg am Sonntag klar gewonnen, die Grünen waren hingegen deutlich abgestürzt: Die Christdemokraten kamen laut dem vorläufigen Endergebnis auf 32,0 Prozent der Stimmen. Die Grünen erzielten nach Angaben des Statistischen Landesamtes nur noch 13,8 Prozent und rutschten auf Platz drei. Die AfD wurde mit 14,7 Prozent zweitstärkste Kraft im Land - trotz wochenlanger bundesweiter Negativschlagzeilen über mögliche Verbindungen der AfD-Kandidaten nach Russland und China.

Regierungschef Kretschmann führte das schlechte Abschneiden auf die Arbeit der Ampel sowie auf eine radikal veränderte Themenlage zurück - und auf eine zunehmende Skepsis, ob die Grünen noch die richtigen Antworten auf die Fragen der Zeit hätten, etwa beim Thema Migration. Die Grünen müssten sich nun entscheiden, ob sie eine Bündnispartei oder eine Milieupartei sein wollten. Er empfehle den Kurs der Bündnispartei, so Kretschmann. Die Grünen müssten pragmatisch sein, klar im Ziel, aber offen in den Wegen dorthin, sie müssten anschlussfähig sein an die Mehrheit der Gesellschaft, mit der Wirtschaft Politik machen, nicht gegen sie - alles indirekte Kritik am Kurs, den einige Grüne verfolgen.

Gleichzeitig verteidigte Kretschmann seine eigene Politik in Baden-Württemberg. Baden-Württemberg werde auf dem Kurs der Bündnispartei bleiben. Dabei mussten auch die Grünen im Südwesten Federn lassen: Während es beim Bundesergebnis im Vergleich zur Europawahl 2019 um 8,6 Prozentpunkte nach unten ging, mussten die Grünen in Baden-Württemberg ein Minus von 9,5 Prozentpunkten verkraften.

Auf die Frage, warum denn auch seine Grünen in Baden-Württemberg viele Prozentpunkte einbüßten, sagte Kretschmann: »Ich stand ja nicht zur Wahl.« Das Europaparlament sei gewählt worden, das habe nichts mit ihm zu tun. Er glaube nicht, dass die Grünen so ein schlechtes Europawahlergebnis bekommen hätten wegen seiner Politik in Baden-Württemberg. Er sei zwar mitverantwortlich, wenn die Partei einen Kurs verfolge, der nicht erfolgreich sei, so Kretschmann. Aber man habe sich eben nicht vom Bundestrend abkoppeln können. Er sei nur noch zwei Jahre im Amt und kandidiere dann zur Landtagswahl nicht mehr.

Angesichts des Erstarkens der CDU sagte Kretschmann auch mit Blick auf die eigene Regierung, es sei ihm nicht verborgen geblieben, dass sich da was geändert habe. Aber die Koalition werde weiter verlässlich zusammenarbeiten.

Der härteste Teilaspekt der schweren Niederlage sei, dass die Zustimmung der Jungen so eingebrochen sei, so Kretschmann. Man werde nun das Ergebnis hart analysieren müssen, der Druck dafür sei maximal.

© dpa-infocom, dpa:240611-99-355283/4