Die baden-württembergische SPD zieht mit einem klaren Bekenntnis zu einer engeren Zusammenarbeit in der Europäischen Union in den Europawahlkampf im kommenden Jahr. »Nur Europa ist die Lösung für die Herausforderungen, die bei den Menschen Unsicherheiten hervorrufen«, sagte der Karlsruher Europaabgeordnete René Repasi beim Landesparteitag der Südwest-SPD am Samstag in Heilbronn. In einem Leitantrag spricht sich die Partei für eine Stärkung der europäischen Institutionen aus und fordert etwa einen neuen Anlauf für eine europäische Verfassung oder die Schaffung eines EU-Außenministeriums.
Mit 95,7 Prozent der Stimmen wählten die Delegierten René Repasi zum Spitzenkandidaten der Südwest-SPD für die Europawahl. Der 43-Jährige Karlsruher rückte 2022 für die langjährige Europaabgeordnete Evelyne Gebhardt, die ihr Mandat niedergelegt hatte, ins Europäische Parlament nach. Er ist derzeit der einzige Europaabgeordnete der SPD aus Baden-Württemberg.
Katarina Barley, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, forderte die Delegierten auf, die Wahl im kommenden Jahr ernst zu nehmen. »Am besten nehmt ihr sie so wichtig wie eine Bundestagswahl. Denn diese Wahl wird darüber entscheiden, wohin unser Europa steuert«, sagte Barley, die die Bundes-SPD als Spitzenkandidatin in die Europawahl führen soll.
Barley warnte vor einem Rechtsruck in der EU. Weil immer mehr Regierungen in den Mitgliedsstaaten rechts oder rechtspopulistisch seien, werde der Europäische Rat und die Europäische Kommission nach rechts rücken. »Wenn wir verhindern wollen, dass diese Europäische Union einen Durchmarsch von rechts plus rechtspopulistisch erlebt, dann gibt es nur noch das Europäische Parlament, das dagegen steht«, sagte Barley. Es sei so wichtig wie nie zuvor in der Geschichte der Europäischen Union, dass Demokratinnen und Demokraten zur Wahl gingen.
Auch SPD-Landeschef Andreas Stoch sprach von einer »Schicksalswahl für Europa«. »Egal in welche Richtung wir blicken: Immer können wir heilfroh sein, in der EU leben zu dürfen. In einem einigen, gemeinschaftlichen, friedlichen Europa«, sagte Stoch. Das gelte es zu verteidigen.
Größere Debatten gab es über den Kurs der Partei in der Migrationspolitik. In einem Antrag forderte der Landesvorstand unter anderem, die Kapazitäten der Abschiebehaft im Land auszubauen. Daran und auch am deutlichen Bekenntnis von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu mehr Abschiebungen gab es teils scharfe Kritik, vor allem von Vertretern der Jusos. Die Streichung des entsprechenden Satzes im Antrag lehnte der Parteitag aber mit deutlicher Mehrheit ab.
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