Der Großmotorenhersteller Rolls-Royce Power Systems am Bodensee soll aus Effizienzgründen näher an die Konzernmutter in London rücken. »Es gibt eine stärkere Integration in den Rolls-Royce-Konzern«, sagte Arbeitsdirektorin Thelse Godewerth nach einer Betriebsversammlung mit mehr als 4000 Teilnehmern am Dienstag in Friedrichshafen. Durch die Synergien würden bestimmte Rollen nicht mehr gebraucht.
Betroffen seien etwa die Abteilungen Personal, Finanzen und Engineering. Vertrieb und Produktion seien ausgenommen. Ziel sei es, Doppelarbeit innerhalb des Konzerns zu vermeiden. Ganze Bereiche sollen nicht gestrichen werden, so Godewerth weiter.
Der neue Chef des britischen Mutterkonzerns und Triebwerksherstellers Rolls-Royce, Tufan Erginbilgic, hatte erst kürzlich angekündigt, zwischen 2000 und 2500 Stellen einsparen zu wollen. Wie viele Mitarbeiter am Standort in Friedrichshafen betroffen sind, soll im ersten Quartal 2024 bekanntgegeben werden.
Hersteller von Panzermotoren
Unter der Marke MTU vertreibt Rolls-Royce Power Systems als Geschäftsbereich des britischen Mutterkonzerns schnelllaufende Motoren und Antriebssysteme zur Energieerzeugung für Schiffe sowie schwere Land-, Schienen- und Militärfahrzeuge - darunter auch für bekannte Modelle wie den Leopard 2 oder den Puma.
Zukunftspakt soll Jobs erhalten
Ein vor etwa vier Wochen geschlossener Zukunftspakt zwischen dem Unternehmen und dem Personal schließt betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2026 aus, wie Betriebsratschef Thomas Bittelmeyer sagte. Lange und intensive Verhandlungen seien der Vereinbarung vorausgegangen. Sie schaffe in einer schwierigen Situation Sicherheit, hieß es von der IG Metall. »Etwaige Stellenabbaumaßnahmen können nur freiwillig passieren«, sagte Gewerkschaftsvertreterin Helene Sommer.
Abfindungsprogramm nicht für alle offen
Ein Abfindungsprogramm sei vereinbart und auf zwei Jahresgehälter gedeckelt worden, hieß es von Detlef Gagg, Personalleiter Deutschland. Das Programm stehe nicht jedem offen, man werde auf die Betroffenen zugehen. Power Systems beschäftigt rund 9500 Mitarbeiter weltweit, rund die Hälfte davon arbeitet am Bodensee.
Bittelmeyer kritisierte, man wolle sich von Personal trennen, um den Aktienkurs in Höhen »voller Fantasie« zu bringen und damit »sehr ambitionierte« Ziele zu erreichen. »Es ist für den durchschnittlichen Mitarbeiter nicht ersichtlich, warum man Abbauen soll, wenn ein Unternehmen schwarze Zahlen schreibt«, sagte der Betriebsratschef.
Volle Auftragsbücher
Arbeitsdirektorin Godewerth sprach von vollen Auftragsbüchern, man sei auf einem guten Weg. Im vergangenen Jahr hatte Power Systems ein um Sondereffekte bereinigtes Umsatzwachstum von 23 Prozent auf rund 3,3 Milliarden britische Pfund (3,9 Milliarden Euro) im Vergleich zum Vorjahr. Der bereinigte Gewinn kletterte von 242 auf 281 Millionen britische Pfund (330 Millionen Euro) im Jahr 2022.
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