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Ringen um Lkw-Maut auf Landes- und kommunalen Straßen

Eine mögliche Ausweitung der Lkw-Maut im Südwesten sorgt für heftige Diskussionen. Die Wirtschaft ist strikt dagegen, die CDU sieht das skeptisch und die Grünen halten daran fest.

Maut-Kontrollbrücke
Ein Lkw fährt auf der Bundesautobahn A4 unter einer Maut Kontrollbrücke durch. Foto: Marc Tirl/DPA
Ein Lkw fährt auf der Bundesautobahn A4 unter einer Maut Kontrollbrücke durch.
Foto: Marc Tirl/DPA

Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) verfolgt den Plan für eine Lkw-Maut auf Landes- und kommunalen Straßen weiter. Eine Sprecherin des Grünen-Politikers sagte am Donnerstag in Stuttgart, der grün-schwarze Koalitionsvertrag mit den Vereinbarungen zu dem Thema sei weiterhin uneingeschränkt maßgeblich. So habe man auch die Äußerungen des CDU-Fraktionsvize Thomas Dörflinger wahrgenommen. Er war auf Distanz zu dem Vorhaben gegangen.

Dörflinger sagte dem Südwestrundfunk, zwar gelte weiter der Koalitionsvertrag, aber die wirtschaftliche Lage habe sich nun mal massiv eingetrübt. »Wir müssen unsere Unternehmen unterstützen, indem wir sie zuallererst mal nicht mit neuen Abgaben belasten.« Verbände und Praktiker seien sich einig, dass eine Lkw-Maut auf kleineren Straßen eine weitere Belastung wäre. »Deshalb ist unser Angebot an den grünen Partner, dass wir von der Einführung absehen können«, sagte Dörflinger. Das gehe aber nur im gemeinsamen Einvernehmen.

Die Sprecherin Hermanns sagte weiter, die internen Vorbereitungen für einen Gesetzentwurf liefen. »Einen Zeitplan zur Einführung gibt es allerdings nicht.« Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) unterstützt die Pläne weiter. Ein Sprecher des Staatsministeriums sagte dem SWR: »Grundsätzlich ist der Ministerpräsident davon überzeugt, dass die Bepreisung von CO2-Emissionen in der Marktwirtschaft das richtige Instrument ist. Damit hilft die CO2-Einsparung nicht nur dem Klima, sondern wird auch ökonomisch sinnvoll.« Selbstverständlich werde man bei der konkreten Umsetzung und Ausgestaltung die aktuelle Lage im Blick behalten.

Das baden-württembergische Handwerk forderte Schwarz-Grün auf, die Maut-Pläne nicht weiterzuverfolgen. »Das grüne Verkehrsministerium muss im Jahr 2023 ankommen. In der spürbarsten Rezession seit vielen Jahren passt ein solcher Wegezoll nicht in die Zeit«, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handwerkstags, Peter Haas. Und der Verband Unternehmer Baden-Württemberg warnte vor einem Alleingang. »Jetzt ist der Moment, die Betriebe zu entlasten - und nicht weiter zu belasten.«

Im Koalitionsvertrag hatten Grüne und CDU 2021 vereinbart, dass Hermann in der ersten Hälfte der Legislaturperiode versuchen sollte, die anderen Länder mit ins Boot zu holen. Damit sei er »krachend« gescheitert, erklärte der Minister dem Sender zufolge jüngst. Da nun Halbzeit der grün-schwarzen Koalition war, kann sich Hermann an den geplanten Alleingang in Baden-Württemberg machen.

Die Oppositionsparteien FDP und AfD lehnten das Vorhaben kategorisch ab. Beide Parteien warnten vor einer Zusatzbelastung für die Wirtschaft und die Bürger. Die Grünen-Politikerin Silke Gericke, Sprecherin für Verkehr, sagte dem SWR: »Wir prüfen, eine Lkw-Maut nach Schweizer Vorbild in Baden-Württemberg umzusetzen.« Das Lkw-Mautsystem im Nachbarland basiert auf der zurückgelegten Strecke und gilt für alle Fahrzeuge über 3,5 Tonnen. Bei der Berechnung der Maut im gesamten Straßennetz werden der Kilometerstand, das Gewicht und die Schadstoffklasse des Lkw berücksichtigt. Hermann rechnet nach früheren Angaben in Baden-Württemberg mit Einnahmen von rund 200 Millionen Euro im Jahr durch die Lkw-Maut auf kleineren Straßen.

In Deutschland wurde die Lkw-Maut 2005 auf den Bundesautobahnen eingeführt und später auf alle Bundesstraßen ausgeweitet. Sie gilt für Fahrzeuge ab einem zulässigen Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen.

Verkehrsministerium

© dpa-infocom, dpa:231019-99-622831/5