Logo
Aktuell Land

Rülke droht mit Volksbegehren zur Wahlreform

Die Liberalen kämpfen gegen eine Aufblähung des Landtags. Am Mittwoch entscheidet das Parlament über seine eigene Verkleinerung.

Landtag Baden-Württemberg
Landtagsabgeordnete nehmen an einer Plenarsitzung teil. Foto: Marijan Murat
Landtagsabgeordnete nehmen an einer Plenarsitzung teil.
Foto: Marijan Murat

Die Abgeordneten des baden-württembergischen Landtags stimmen am Mittwoch (16.10 Uhr) darüber ab, die Anzahl der Wahlkreise im Südwesten um fast die Hälfte zu reduzieren. Es handelt sich um einen Vorstoß der Liberalen, die damit eine Aufblähung des Parlaments verhindern wollen. Anstatt von 70 soll es künftig nur noch 38 Wahlkreise analog zur Bundestagswahl geben. Eine Ablehnung des Gesetzesentwurfs durch die anderen Fraktionen gilt aber als wahrscheinlich. Deshalb plant die Partei anschließend ein Volksbegehren mit dem gleichen Ziel.

Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke, der gleichzeitig stellvertretender Landesvorsitzender ist, kündigte an, unmittelbar nach Ablehnung des Vorstoßes das Volksbegehren starten zu wollen. »Sobald der Landtag den Gesetzentwurf abgelehnt hat, beginnt das Volksbegehren«, sagte er der dpa. »Die Vorbereitungen laufen schon.« Das habe der Dreikönigsparteitag der Südwest-FDP so beschlossen für den Fall, dass die Abgeordneten von Grünen, CDU und SPD nicht willens seien, dem Parlamentswachstum eine Grenze zu setzen. »Denn es kann nicht sein, dass die Politik die Bürger zum Sparen anhält, die Parlamente aber immer fetter werden«, sagte Rülke.

Statt aktuell 154 und künftig potenziell über 200 Abgeordnete wolle man auf die Einhaltung der Sollgröße von 120 Abgeordneten hinwirken, betonten die Liberalen im Vorfeld. Es müsse verhindert werden, dass der Landtag nach der nächsten Landtagswahl auf ein XXL-Format anwachse, sagte Rülke. »Das letzte Mal, dass der Landtag von Baden-Württemberg seine Sollgröße von 120 Abgeordneten eingehalten hat, war im Jahr 1972«, sagte er. »Seitdem hat er sich wie eine russische Matrjoschka-Puppe Stück für Stück vergrößert.«

Durch die erst vor wenigen Monaten beschlossene Wahlrechtsreform befürchten die Liberalen eine weitere Zunahme der Abgeordnetenzahl. Vor knapp einem Jahr wurde das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt und für Baden-Württemberg ein Zwei-Stimmen-Wahlrecht eingeführt. Mit der Erststimme wird der Wahlkreiskandidat oder die Wahlkreiskandidatin direkt gewählt. Die Zweitstimme geht an eine Partei, die dafür eine Landesliste aufstellt - dadurch haben die Parteien mehr Einfluss bei der Kandidatenkür. Die Sitzverteilung im Landtag bestimmt sich nach der Zweitstimme. Je nach Anzahl der Direktmandate einer Partei werden also ein Ausgleich und damit mehr Sitze im Parlament nötig, um eine Sitzverteilung gemäß der Zweitstimmen zu erreichen.

Auch die FDP wäre von einer verringerten Anzahl der Wahlkreise betroffen. »Von unseren 18 Abgeordneten sind 10 direkt betroffen, davon vier Fünftel des Fraktionsvorstands«, sagte Rülke. Er forderte die anderen Fraktionen zur Zustimmung auf. »Denn sofern das nicht erfolgt, ist die Bevölkerung am Zug. Denn dann startet ein Volksbegehren, das der Bürgerschaft die Möglichkeit eröffnet, darüber abzustimmen, ob sie einen Landtag in Sollgröße bevorzugt oder ein XXL-Parlament, das zwar viel mehr kostet, aber nicht mehr Demokratie bringt.«

Die anderen Fraktionen hatten sich kritisch zur Reduzierung der Wahlkreise geäußert. Grüne, CDU, SPD fürchten vor allem um die Bürgernähe. Unter anderem wurde angemerkt, dass weniger Wahlkreise bedeuteten, dass die einzelnen Abgeordneten mehr Bürger vertreten würden.

Bürgerinnen und Bürger können mit einem Volksbegehren eine Volksabstimmung initiieren. Sie können damit eigene Gesetzesentwürfe in das Parlament einbringen und eine Abstimmung erzwingen. Für die Zulassung eines Volksbegehrens werden zunächst 10.000 Unterschriften von wahlberechtigten Baden-Württembergern benötigt. Der Antrag wird vom Innenministerium geprüft. Geht er durch, müssen in einem zweiten Schritt innerhalb von sechs Monaten die Unterschriften von zehn Prozent der Wahlberechtigten im Südwesten gesammelt werden - das sind etwa 780.000 Männer und Frauen.

Ist das geschafft, wird der Gesetzentwurf dem Landtag zur Abstimmung vorgelegt. Findet er keine Mehrheit, folgt eine Volksabstimmung. Entscheidend ist, wofür sich die Mehrheit in der Volksabstimmung ausspricht. Zudem ist eine Volksabstimmung in Baden-Württemberg nur dann gültig, wenn mindestens ein Fünftel der Stimmberechtigten der Vorlage zustimmt (Zustimmungsquorum).

FDP-Fraktion

© dpa-infocom, dpa:230307-99-865737/3