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Politiker teilen bei Aschermittwoch in NRW aus

Der politische Aschermittwoch ist zurück - mit Attacken, Kalauern, aber auch ernsten Tönen. In Nordrhein-Westfalen lieferten sich CDU und SPD Fernduelle.

Politischer Aschermittwoch – SPD
Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (r, SPD) und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) klatschen nach ihren Reden beim Politischen Aschermittwoch. Foto: Harald Tittel
Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (r, SPD) und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) klatschen nach ihren Reden beim Politischen Aschermittwoch.
Foto: Harald Tittel

Festsaal, Bier, Attacke: Zum ersten Mal seit 2020 hat Politprominenz aus Land und Bund beim politischen Aschermittwoch in Nordrhein-Westfalen wieder Schützenhallen und Säle füllen können. Die jeweiligen politischen Gegner bekamen mit teils deftigen Sprüchen ihr Fett weg.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) knöpfte sich die Ampel in Berlin vor und forderte mehr Tempo beim Klimaschutz und bei Infrastrukturprojekten. So müsse die Bundesregierung beim Neubau der maroden Rahmedetalbrücke an der Autobahn 45 zeigen, »dass Deutschland Tempo kann« - so wie beim schnellen Bau der LNG-Terminals, sagte Wüst in der Schützenhalle im sauerländischen Lennestadt. »Da könnten die doch jetzt Geschmack dran finden. Die könnten da jetzt Lust drauf kriegen und sagen: Das machen wir jetzt überall so.«

Die marode Rahmedetalbrücke bei Lüdenscheid im Sauerland musste im Dezember 2021 wegen Schäden gesperrt werden. Seitdem ist mit der A45 eine wichtige Verkehrsader unterbrochen. Wüst steht als ehemaliger NRW-Verkehrsminister im Visier der Opposition. Sie will herausfinden, welche Verantwortung der heutige Regierungschef an dem Verkehrsdesaster tragen könnte.

Wüst kritisierte, dass in der Ampel-Koalition im Bund gerade zu viel darüber gestritten werde, ob nun der Ausbau der erneuerbaren Energien oder der Ausbau des Autobahnnetzes Vorrang haben müsse. Man müsse beides machen. »Gönnt Euch! Gönnt Euch, Ampel, den gegenseitigen Erfolg!«, rief der CDU-Landeschef. »Das ist eure Aufgabe für Deutschland und die Menschen.«

NRW-SPD-Chef Thomas Kutschaty zog über die schwarz-grüne Landesregierung in NRW her und warf Wüst vor, abgehoben und unfähig zu sein. »Jemand, der hier im Lande nichts auf die Reihe kriegt, aber immer mit dem Finger nach Berlin zeigt und fordert, andere müssen was machen - viel unsympathischer kann Dilettantismus nicht sein«, sagte er im Waldrestaurant Freischütz in Schwerte.

Im Fernduell mit Wüst warf Kutschaty dem Regierungschef vor, für das »Debakel« um die Rahmedetalbrücke politisch verantwortlich zu sein. Auf Terminen wie der »Entgegennahme einer Neujahrsbrezel« mache sich Wüst einen schlanken Fuß, während zeitgleich die Situation um die Räumung des Braunkohledorfs Lützerath eskaliert sei.

Der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil warf Schwarz-Grün in NRW Versäumnisse bei der Verkehrspolitik vor. »Der Moment, wo du im Stau stehst, da weißt du: Du bist in Nordrhein-Westfalen«, sagte er in Schwerte. »Das ist eine Landesregierung hier, die hat wahnsinnig viel versprochen - aber dass die was machen, da kriegst du nichts von mit.«

Klingbeil ging auch die Unions-Opposition im Bund an. Er warf dem CDU/CSU-Spitzenpersonal ein veraltetes Weltbild vor. Die Union arbeite sich an Themen wie gendergerechter Sprache ab, um vom eigenen politischen Versagen abzulenken. »Dieses Land ist moderner und weiter als Markus Söder und Friedrich Merz. Die kommen 30 Jahre zu spät«, sagte Klingbeil.

Bayerns Ministerpräsident Söder bekam mehr als eine Spitze ab: »Das ist schon eine Leistung, wenn du dich als bayerischer Ministerpräsident auf den Weg machst, Kanzlerkandidat werden zu wollen, und dann scheiterst du an - Armin Laschet«, ätzte Klingbeil und erntete hämisches Gelächter.

Auch Grünen-Chef Omid Nouripour attackierte die CDU. Diese sei geprägt davon, dass sie nicht wisse, wie sie mit dem Erbe von Angela Merkel umgehen solle. Mit Sprüchen jenseits der Anstandsgrenze und Lautstärke solle das übertüncht werden. »Aber die Leute sind nicht blöd, die sehen das«, sagte Nouripour. »Und wenn es eine Partei gibt, die bei Gegenwind den Kopf einfach in den Sand steckt, wie es gerade die CDU derzeit macht, dann wird das nicht goutiert.«

NRW-Innenminister Herbert Reul war Gast beim politischen Aschermittwoch der Südwest-CDU in Fellbach. Er rief die Christdemokraten zu einem leidenschaftlicheren Engagement für Rechtsstaat und Demokratie auf. »Davon träume ich noch - dass die ganze CDU-Familie statt über Steuergesetze zu streiten mal ausströmt und in der Bevölkerung mal eine Welle der Begeisterung auslöst für dieses tolle Thema, für diesen Rechtsstaat«, sagte Reul. »Regeln gelten in einem Rechtsstaat für alle«, fügte er hinzu.

Nach einer Zwangspause wegen der Corona-Pandemie (2021) und des Beginns des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine (2022) hatten die großen Parteien erstmals wieder zum Aschermittwoch mit großem Publikum geladen.

© dpa-infocom, dpa:230221-99-683772/4