Urs Fischer sah erst die elfte Pflichtspiel-Pleite seiner Mannschaft nacheinander und dann auch noch die Rote Karte. »Gut ist es nicht, es tut mir auch wirklich leid«, sagte der Trainer des 1. FC Union Berlin nach dem 0:1 (0:1) in der zweiten Runde des DFB-Pokals beim VfB Stuttgart. Der Absturz der Köpenicker geht ungebremst weiter. Dass kurzzeitig auch der sonst so besonnene Schweizer die Nerven verlor, passte da ins Bild.
»Sie können mir glauben, dass ich den Schiedsrichter nicht beleidigt habe«, beteuerte Fischer. Er sei bei Sascha Stegemann in der Kabine gewesen und habe sich entschuldigt. »Seine Aussage war, dass ich zu aggressiv und forsch war.« Er habe sich über einen Schiedsrichter-Ball in der Nachspielzeit geärgert, in dessen Folge die Stuttgarter die Kugel bekommen hatten, erklärte der 57-Jährige. Nach dem Abpfiff hatte er vom Unparteiischen dann die Rote Karte gezeigt bekommen. Er werde daraus lernen, so Fischer.
Zuvor hatte Deniz Undav vor 52.000 Zuschauern das Duell der beiden Fußball-Bundesligisten mit seinem Tor in der 45. Minute entschieden. Ein »verdienter Arbeitssieg« sei das gewesen, meinte Stuttgarts Sportdirektor Fabian Wohlgemuth. Der VfB, vorige Saison Pokal-Halbfinalist, meldete sich drei Tage nach der 2:3-Niederlage in der Liga gegen die TSG 1899 Hoffenheim zurück und feierte seinen siebten Sieg in den vergangenen acht Partien.
Union setzte seine Negativserie trotz eines couragierten, wenn auch offensiv recht harmlosen Auftritts fort. Von Fischer rücken die Spieler aber weiter nicht ab. »Es ist kein Trainer schuld, es ist kein einzelner Spieler schuld«, sagte Kapitän Christopher Trimmel. »Wir müssen alle alles geben.« Der Coach sei der Richtige.
Fischer hatte seine Startelf großflächig umgebaut und unter anderem Rani Khedira, Robin Gosens und Leonardo Bonucci auf die Bank gesetzt. Eine geplante Umstellung mussten die Gäste aber direkt wieder rückgängig machen: Statt Alexander Schwolow, der sich nach dem Aufwärmen mit Oberschenkelproblemen abmeldete, stand doch Stammkeeper Frederik Rönnow im Tor.
Das Spiel brauchte eine gewisse Anlaufzeit. Die Berliner standen zunächst sehr tief. Der VfB hatte viel Ballbesitz, aber kaum zündende Ideen. Dann gab's gleich zwei Aluminium-Treffer in kurzer Zeit: Erst hämmerte Unions Aissa Laidouni den Ball an die Latte (28.), dann setzte ihn Stuttgarts Undav an den Pfosten (33.).
Die Gäste hatten die Null hinten schon fast in die Pause gebracht, als die Schwaben doch noch zuschlugen. Rönnow parierte einen Flachschuss des von Union an den VfB ausgeliehenen Jamie Leweling, der Abpraller landete aber bei Undav. Der 27-Jährige, der seit der Verletzung von Top-Torjäger Serhou Guirassy Stuttgarts große Sturm-Hoffnung ist, traf aus kurzer Distanz zur Führung.
Auch in der zweiten Halbzeit änderte sich das Bild nicht groß: Der VfB hatte mehr vom Spiel, richtig brenzlig wurde es aber in beiden Strafräumen nur selten. Vor allem von den Hauptstädtern kam zu wenig, um noch die Wende herbeizuführen. In der Liga unten drin, in der Champions League noch punktlos und im Pokal nun raus - die Union-Krise spitzt sich weiter zu.
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