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Pistorius: Bewerbungsprozess in der Bundeswehr optimieren

Mehr Frauen, mehr Menschen mit einer Migrationsgeschichte und vor allem: mehr Geschwindigkeit. Der Verteidigungsminister will die Bewerbungsprozesse der Bundeswehr verbessern - und mahnt zu mehr Realismus von Anfang an.

Bundesverteidigungsminister Pistorius
Boris Pistorius wohnt während eines Besuchs des Karrierecenters einem Bewerbungsgespräch bei. Foto: Marijan Murat/DPA
Boris Pistorius wohnt während eines Besuchs des Karrierecenters einem Bewerbungsgespräch bei.
Foto: Marijan Murat/DPA

Verteidigungsminister Boris Pistorius will mehr Tempo beim Umgang mit Bewerbern für eine Ausbildung oder einen Dienstposten bei der Bundeswehr. Zudem müssten die Anstrengungen erhöht werden, um Frauen sowie Menschen mit einem Migrationshintergrund für die Streitkräfte zu gewinnen, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch bei einem Besuch in einem Karrierecenter der Bundeswehr in Stuttgart. Er forderte, in den Werbekampagnen ein realistischeres Bild der Bundeswehr zu zeichnen und nicht mit Action-Filmen zu werben - auch um Abbrecherquoten nach dem Dienstantritt zu verringern. Wichtig sei, »dass wir keine Mission-Impossible-Filmchen drehen darüber, was bei der Bundeswehr alles passieren könnte wie in Hollywood, sondern dass es ein realistisches Bild ist«.

Die Zahl der Bewerber bei der Bundeswehr ist unterdessen weiter gesunken. Von Januar bis Ende Mai 2023 bewarben sich deutlich weniger Männer und Frauen für den Soldatenberuf als im Vorjahreszeitraum, wie der »Spiegel« unter Berufung auf einen Bundeswehr-Sprecher berichtete. Laut einer internen Tabelle des Wehrressorts bewarben sich dem Magazin zufolge bis Ende Mai dieses Jahres 23.414 Frauen und Männer. Das ist im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum 2022 ein Rückgang von rund sieben Prozent.

Pistorius machte in Stuttgart deutlich, dass er auf eine Trendumkehr setze und Anzeichen dafür sehe. So gebe es zwar sieben Prozent weniger Bewerber als im Vergleich zum Zeitraum des Vorjahres, aber gleichzeitig 16 Prozent mehr Beratungsanfragen. Zu Interessenten müsse schnell Kontakt aufgenommen werden. Es dürfe dabei keine Nachlässigkeiten geben, denn junge Leute könnten unter einer Vielzahl von Angeboten auswählen. Pistorius: »Wir werden bis zum Jahre 2035 sieben Millionen weniger Erwerbstätige in den Altersjahrgängen haben, die wir bei der Bundeswehr brauchen. Das sind Zahlen, die die Gesellschaft, die die Volkswirtschaft Deutschlands insgesamt für Herausforderungen stellt, aber eben natürlich auch die Bundeswehr.«

Zudem gehe es darum, diejenigen zu halten, die sich für die Bundeswehr entschieden und den Dienst angefangen haben. »Wir haben beim Heer eine Abbrecherquote von 30 Prozent, das ist bekannt. Das hat viel mit Erwartungshaltung, mit Erwartungsmanagement zu tun, mit vielleicht falschen Vorstellungen, im Einzelfall auch mit Überforderung«, sagte Pistorius.

Völlig unterrepräsentiert seien zwei Gruppen. Frauen hätten im militärischen Bereich außerhalb des Sanitätsdiensts eine Quote von knapp zehn Prozent. »Das ist zu wenig. Im Übrigen wird das auch dem Anspruch der Bundeswehr nicht gerecht, eine Bürger-, eine Staatsbürgerinnen- und Staatsbürger-Armee zu sein.« Verstärkte Bemühungen müsse es auch um Menschen mit einem Migrationshintergrund geben. Pistorius: »Wir haben viele, viele Millionen Menschen in Deutschland, die in zweiter, dritter Generation hier leben, die eine Migrationsgeschichte haben, die den deutschen Pass haben und die wir nicht gewinnen derzeit für die Bundeswehr aus unterschiedlichen Gründen.«

Die Bundeswehr hat derzeit etwa 183.000 Männer und Frauen in Uniform. Erklärtes Ziel ist es, bis zum Jahr 2031 auf 203.000 Soldaten zu kommen. Pistorius hat an dieses ältere Ziel bereits ein Fragezeichen gemacht. Als ein Problem gilt auch der steigende Altersdurchschnitt der Soldaten, weil der Personalbestand teils nur mit der Weiterverpflichtung von Zeitsoldaten gehalten werden kann.

© dpa-infocom, dpa:230802-99-661092/4