Die Pflege und das Wohnen im Heim werden immer teurer. Die selbst zu zahlenden Anteile für Pflegebedürftige und ihre Familien sind in Baden-Württemberg nochmals deutlich gestiegen. Das ergibt eine Auswertung des Verbands der Ersatzkassen mit Stand zum 1. Juli. Demnach waren im ersten Jahr im Heim im baden-württembergischen Schnitt 3.180 Euro pro Monat aus eigener Tasche fällig - das sind 149 Euro mehr als Mitte 2023. Mehr als im Südwesten muss nur in Nordrhein-Westfalen bezahlt werden. Im bundesweiten Durchschnitt sind es 2.871 Euro.
Dabei gibt es durchaus Kostendämpfer. Aber die Belastungen wachsen trotz angehobener Entlastungszuschläge weiter, die wiederum mit der Aufenthaltsdauer steigen. Mit dem höchsten Zuschlag ab dem vierten Heimjahr stieg die Zuzahlung nun im Schnitt auf 1.982 Euro im Monat. Das waren 39 Euro mehr als zum 1. Juli 2023, wie aus den Daten hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen.
In den Summen ist zum einen der Eigenanteil für die reine Pflege und Betreuung enthalten. Denn die Pflegeversicherung trägt - anders als die Krankenversicherung - nur einen Teil der Kosten. Für Bewohnerinnen und Bewohner im Heim kommen noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen in den Einrichtungen hinzu. In die Auswertung zum 1. Juli einbezogen wurden erstmals auch Ausbildungskosten, die ebenfalls von den Heimen weitergegeben werden. Dieser Posten wurde auch in die Vergleichswerte zum 1. Juli 2023 eingerechnet, wie es zur Erläuterung hieß.
Seit 2022 gibt es neben den Zahlungen der Pflegekasse auch Entlastungszuschläge, die mit einer Reform der Ampel-Koalition zum 1. Januar 2024 erhöht wurden. Der Eigenanteil für die reine Pflege wird damit im ersten Jahr im Heim um 15 statt zuvor 5 Prozent gedrückt, im zweiten um 30 statt 25 Prozent, im dritten um 50 statt 45 Prozent und ab dem vierten Jahr um 75 statt 70 Prozent. Hintergrund für den wachsenden Eigenanteil sind vor allem höhere Personalkosten für Pflegekräfte.
Nach Überzeugung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg führen die steigenden Eigenanteile dazu, dass immer mehr Pflegebedürftige in den stationären Einrichtungen auf Sozialhilfe angewiesen sind. »Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und darf nicht zum Armutsrisiko werden«, sagte der sozialpolitische Vorstand des Verbands, Uta-Micaela Dürig. Sie bevorzugt die Idee einer solidarischen Pflegevollversicherung, die alle Kosten der Pflege in vollem Umfang und ohne Eigenanteile übernimmt. »In eine solche Pflegeversicherung sollten alle Bürgerinnen und Bürger ohne Ausnahme einzahlen – also alle Berufsgruppen ohne Ausnahme«, schlug sie vor.
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