Eine Viertelstunde Zeit sollte gewonnen werden bei der Fahrt über die neue Schnellstrecke zwischen Wendlingen und Ulm. Allerdings hat es bereits einen Tag nach dem Auftakt auf der Neubaustrecke zwischen Wendlingen und der Münsterstadt erhebliche Verzögerungen gegeben. Die Bahn machte am Montagmorgen eine Rolle rückwärts: Wegen einer Panne mussten mehrere Züge Richtung Stuttgart zurück nach Ulm geführt und über die alte, langsamere Strecke über die Alb geleitet werden. Ein Zug brauchte für die Strecke von Ulm nach Stuttgart mitunter knapp drei Stunden. Ein Einzelfall, betonte eine Bahnsprecherin danach.
Der Grund für die Panne: Nach Angaben der Bahn hat ein Lokführer einen Fehler gemacht beim Start der neuen Zugleittechnik, des European Train Control System (ETCS). Deshalb konnte sich sein ICE auf der Neubaustrecke zwischen Ulm und Wendlingen nicht mit dem Steuerungssystem des Zuges verbinden, wie eine Sprecherin der Bahn der Deutschen Presse-Agentur sagte. »Die Sicherheitssysteme verhinderten die Weiterfahrt und der Zug musste umkehren.«
Der Zug hing im Tunnel fest, die Strecke war nach Angaben der Bahn für knapp zwei Stunden blockiert. Mehrere Regional- und Fernverkehrszüge seien über die alte Strecke umgeleitet worden. »Mittlerweile rollen die Züge wieder planmäßig«, sagte die Sprecherin am Mittag. Die Lokführer würden noch einmal sensibilisiert.
Nach Angaben des Unternehmens handelte es sich um eine Ausnahme: »Seit Betriebsstart am Sonntag sind 99 Prozent der Züge problemlos über die neue Strecke gefahren«, hieß es. Auf Nachfrage erklärte eine Bahnsprecherin aber, dass bei diesen 99 Prozent nur die Züge berücksichtigt würden, die auch wirklich über die Neubaustrecke gefahren sind - die umgeleiteten wurden demnach also nicht einberechnet. Bereits am Sonntag habe man laut Bahn zwei Züge umleiten müssen auf die alte Alb-Strecke - aufgrund von Verspätungen, damit man die Neubaustrecke nicht verstopfe, hieß es.
Am Montagabend dann kam es von Stuttgart nach Ulm immer noch zu Zugausfällen und zahlreichen Verspätungen auf der Strecke, das lag aber nicht an der Neubaustrecke, sondern etwa an Fahrzeugstörungen und einem Lokführerausfall, hieß es bei der Bahn.
ETCS steht für ein neues Zug-Sicherungssystem, in das sich die Lokführer jeweils einwählen müssen, um auf der Neubaustrecke fahren zu können. Systeme wie ETCS und auch digitale Stellwerke sollen die Kapazität auf der Schiene deutlich erhöhen, etwa weil Züge damit in dichteren Abständen fahren können.
Die rund vier Milliarden Euro teure Neubaustrecke war nach zehn Jahren Bauzeit erst am Freitag feierlich von politischer Prominenz eingeweiht worden und läuft seit Sonntag mit dem neuen Fahrplan im Regelbetrieb.
Bund, Land, Städte und Bahn hatten eigentlich breit damit geworben, dass Züge künftig mit Höchstgeschwindigkeiten von 250 Kilometern pro Stunde über die teils steile Trasse fahren und damit auch die Fahrzeiten Richtung München und Stuttgart verkürzen würden. Die Hälfte des 60 Kilometer langen Schienenstrangs verläuft durch neu gebaute Tunnel. Auch solle sich mit der neuen Trasse das Tagesangebot zwischen Stuttgart und München um rund 20 auf 90 Fahrten verbessern.
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