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Aktuell Begegnung

Offizielle Erlaubnis zum Schwätzen in Stuttgart

Keine virtuelle Plattform, sondern ein echtes »Schwätzbänkle«. Eine Aktion gegen Einsamkeit ist gestartet.

»Die Idee ist genial« – Eckart Hammer, Vorsitzender des Landesseniorenrats, und Renate Krausnick-Horst, Vorsitzende des Stadtsen
»Die Idee ist genial« – Eckart Hammer, Vorsitzender des Landesseniorenrats, und Renate Krausnick-Horst, Vorsitzende des Stadtseniorenrats Stuttgart, sitzen auf dem Bänkle und »haltet a Schwätzle«. FOTO: RETTIG/LICHTGUT
»Die Idee ist genial« – Eckart Hammer, Vorsitzender des Landesseniorenrats, und Renate Krausnick-Horst, Vorsitzende des Stadtseniorenrats Stuttgart, sitzen auf dem Bänkle und »haltet a Schwätzle«. FOTO: RETTIG/LICHTGUT

STUTTGART. Auf dem Stuttgarter Schlossplatz nähern sich erste Seniorinnen der keinesfalls virtuellen Plattform. Anita Doll aus Fellbach las in unserer Zeitung zuerst vom »Schwätzbänkle« – »und schon begegne ich ihm!«, sagt sie. Birgit Rek aus Stuttgart zeigt Begeisterung: »Die Idee ist genial!« Und zwei haben sich gefunden, die das Bänkchen vielleicht für eine Weile belegen werden.

Das Bänkchen auf dem Schlossplatz unterscheidet sich nicht von anderen – bis auf ein Schild, das nur mit Schnur an seiner Rückenlehne befestigt ist. Darauf steht: »Schwätzbänkle«. Verstehen darf man dies als Aufforderung, sich zu setzen und miteinander zu plaudern, mit dem gebührenden Abstand, den eine Parkbank, genutzt von zwei Personen, gestattet. Unter der Schlagzeile, die auf der Rückenlehne prangt, steht es noch einmal, kleiner: »Nehmen Sie hier Platz, wenn Sie schwätzen wollen!«

Corona hat Einsamkeitsproblem verstärkt

Zum »Schwätzbänkle« wurde die Bank auf dem Schlossplatz vom Landesseniorenrat Baden-Württemberg und dem Stadtseniorenrat Stuttgart erklärt, anlässlich des landesweiten Aktionstags gegen Einsamkeit am 5. September. Ein Problem war Einsamkeit immer schon, Eckart Hammer, Vorsitzender des Landesseniorenrats, und Renate Krausnick-Horst, Vorsitzende des Stadtseniorenrates, wissen das. 2020 jedoch, in der Coronazeit, wuchs das Problem.

»Es ist schon viel gewonnen, wenn ältere Menschen sich auf einer Bank zusammensetzen und ins Gespräch kommen«, sagt Eckart Hammer. Das Schild auf der Lehne der Bank erteilt den sonst eher zurückhaltenden Schwaben gewissermaßen die offizielle Erlaubnis für ein Schwätzchen.

Seit 10 Uhr am Sonntagvormittag hing es an jener einen Bank; dass es auf Wanderschaft gehe, das war durchaus erwünscht. »Wir haben das Schild bewusst nicht verschraubt. Wer daran Anstoß nimmt, der kann es entfernen oder umhängen. Wenn es ganz verschwindet, dann hängen wir ein neues auf. Der Materialwert ist nicht hoch.«

Auch andere Gemeinden machen mit

Beim zuständigen Amt baten die Senioren nicht um Erlaubnis. »Wenn man so will ist es eine kleine subversive Aktion«, sagt Eckart Hammer. Eine Aktion, die am Sonntag auch von Seniorenräten anderer Orte umgesetzt wurde - in Nürtingen, Nagold, Ulm, Konstanz, Schwäbisch Hall und vielen weiteren. Der Wunsch, das »Schwätzbänkle« werde zur Institution, ist da – und tatsächlich kündigte eine badische Gemeinde an, die Idee künftig in ihre Anlagenplanung aufzunehmen. (GEA)