STUTTGART. Nach langwierigen Verhandlungen über die Offenlegung von Nebeneinkünften der Landtagsabgeordneten könnte es in absehbarer Zeit zu einer Einigung kommen. Es müssten nur noch Detailfragen gelöst werden, verlautete aus CDU-Kreisen. Transparenz bedeute für die Abgeordnetenbüros und Kontrollbehörden mehr Aufwand. Mehr Bürokratie dürfe es aber nicht geben. Grundsätzlich sei eine Neuregelung sinnvoll, gerade nachdem die Maskenaffären während der Corona-Pandemie das Vertrauen der Bürger in die Politik geschmälert hätten. Die Grünen berichten zwar von einem »intensiven Austausch« mit den anderen Fraktionen außer der AfD. Wie schnell die Gespräche abgeschlossen werden, sei allerdings offen, hieß es beim Koalitionspartner der CDU.
Aus Sicht der Antikorruptionsorganisation Transparency International ist der Schritt überfällig. Das Land hinke im Bundesvergleich hinterher. »Der Südwesten gehört mit Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen zu den wenigen Flächenländern, deren Landtagsabgeordnete keine Rechenschaft über die Höhe ihrer Nebeneinkünfte ablegen müssen«, erläuterte Siegfried Gergs von Transparency. »Wir wollen klare gesetzliche Transparenz- und Verhaltensweisen.« Dabei sei bereits im Jahr 2021 eine interfraktionelle Kommission vom Landtag eingesetzt worden. »Deren Ergebnisse sind noch immer nicht veröffentlicht worden«, beklagte Gergs.
Um das Vertrauen in die repräsentative Demokratie zu stärken und die Integrität des Mandats zu gewährleisten, müssen Abgeordnete seiner Ansicht nach frei von Interessenkonflikten sein. Ferner solle klar sein, dass das unabhängige Mandat im Mittelpunkt der Tätigkeit stehe. »Die Abgeordneten sind den Wählern und Steuerzahlern eine entsprechende Rechenschaft schuldig«, sagte Gergs.
Abgeordnete bekommen fast 8400 Euro und Aufwandsentschädigungen
Die 154 Abgeordneten im Landtag von Baden-Württemberg bekommen derzeit monatlich 8383 Euro vor Steuern. Neben der Diät gibt es Aufwandsentschädigungen, die Geld- und Sachleistungen umfassen.
Die oppositionelle SPD im Landtag dringt ebenfalls seit langem auf klare Regelungen zur Offenlegung von Einkünften der Abgeordneten. »Bereits 2013 haben wir infolge der Umstellung auf ein Vollzeitparlament Reformen für die Offenlegungsregeln von Abgeordneten in Baden-Württemberg gefordert«, sagte SPD-Generalsekretär Sascha Binder. Doch bislang sei nichts passiert. Dabei heißt es im grün-schwarzen Koalitionsvertrag von 2021: »Schon zu Beginn der Legislaturperiode werden wir gemeinsam mit den demokratischen Oppositionsfraktionen die Verhaltensregeln für Abgeordnete überarbeiten.«
Grüne machen freiwillige Angaben
Transparenz sei das Herzstück einer lebendigen Demokratie, meint der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Daniel Lede Abal. »Dazu gehört auch, dass Abgeordnete offenlegen, ob sie zusätzlich zu ihrer Abgeordnetendiät Einkünfte erhalten - und falls ja: wie hoch diese Einkünfte sind, woraus sie sich generieren, und wer die Abgeordneten für welche Nebentätigkeit bezahlt.«
Die Grünen-Landtagsabgeordneten geben schon seit vielen Jahren freiwillig an, welche mandatsbezogenen Nebeneinkünfte sie haben. Doch man wolle in Abstimmung mit dem schwarzen Koalitionspartner alle Abgeordneten dazu verpflichten, sämtliche Nebeneinkünfte offenzulegen - und zwar in Analogie zum Bundestag auf Euro und Cent.
FDP warnt vor Nachteilen
Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass Beteiligungen an Gesellschaften und Einnahmen offengelegt und entgeltliche Lobbytätigkeiten neben dem Mandat und die Annahme von Geldspenden durch die Abgeordneten verboten werden. Im Falle möglicher Interessenkonflikte soll die Landesregierung in einem Zeitraum von bis zu 18 Monaten nach dem Ausscheiden eines Mitglieds aus dem Regierungsamt diesen Tätigkeiten untersagen können. Ein unabhängiges Gremium soll die übrigen Regierungsmitglieder bei der Entscheidung über die Karenzzeit beraten. Lede Abal erhielt, bevor er Parlamentarischer Geschäftsführer wurde, 1500 Euro monatlich für das Amt des Fraktionsvize. Diese zusätzlichen Einkünfte wurden mit einer höheren Diät für das neue Amt abgegolten.
Aus Sicht der FDP-Fraktion dürfen die neuen Spielregeln nicht dazu führen, dass Kandidaten für ein Landtagsmandat, die nicht aus dem öffentlichen Dienst kommen, benachteiligt werden. Das könnten etwa Angestellte aus der freien Wirtschaft sein, die mit ihren Arbeitgebern Vertraulichkeit über ihre finanziellen Belange vereinbart haben, erläuterte der Parlamentarische Geschäftsführer Jochen Haußmann. Diese dürften nicht gezwungen werden, rückwirkend Einkünfte zu veröffentlichen. Genauso wenig dürften Selbstständige oder Freiberufler wie Landwirte und Anwälte gedrängt werden, sich hinsichtlich nicht mandatsbezogener Tätigkeiten finanziell völlig zu entblößen. Die Vielfalt der Berufe und Kompetenzen im Parlament dürfe nicht verloren gehen. (dpa)