BINGEN. Nachdem ein zweijähriges Mädchen tot aus der Lauchert in Hitzkofen bei Bingen geborgen wurde, ermittelt die Staatsanwaltschaft nun wegen fahrlässiger Tötung gegen die Mutter des Mädchens. Gegenüber der »Schwäbischen Zeitung« äußert sich jetzt Detlef Kröger, der Anwalt der 24-jährigen Mutter zu dem Fall.
»Der Mutter geht es extrem schlecht«, sagt Kröger auf Nachfrage. »Ihr ist das Schlimmste passiert, was einer Mutter passieren kann. Man kann sich nicht vorstellen, was sie aktuell durchmacht.«
Appell an die Öffentlichkeit
Für die Öffentlichkeit ist ihm aktuell ein Appell besonders wichtig: »Ich kann nur immer wieder betonen, dass hier eine Mutter auf tragische Weise ihr Kind verloren hat und sie sich aktuell bereits genug Vorwürfe macht.«
Die 24-jährige Moldawin sei wohl nur kurz auf der Toilette gewesen, als ihre kleine Tochter die Wohnung verlassen habe und die, laut Kröger, 35 Meter bis zur Lauchert zurückgelegt habe. »Ich habe mit der Polizei gesprochen, diese Strecke war kein unüberwindbares Hindernis«, sagt er.
Was das Umfeld sagt
Zumal die Zweijährige laut dem bekannten Umfeld sehr selbstständig gewesen sei. Er habe mit Freunden und Bekannten der Familie gesprochen, die alle betonten, dass die Mutter die meiste Zeit nur zu Hause war und Zeit mit ihrer Tochter verbracht habe. Aber jeder, der Kinder habe, wisse, dass es kaum möglich sei, diese jede Sekunde am Tag im Blick zu behalten, so Kröger.
Zudem hat Kröger eine Erklärung dafür, warum aus bisherigen Berichten immer geschildert wurde, dass das Mädchen im Schlafanzug das Haus verlassen habe, schließlich jedoch in Alltagskleidung gefunden wurde. »Meine Mandantin spricht eigentlich überhaupt kein Deutsch«, sagt Kröger.
In seiner Kanzlei habe er glücklicherweise eine Übersetzerin, die ihn nun begleiten könne. »Ich führe das Missverständnis ganz klar auf ein Kommunikationsproblem zurück«, sagt er. »Vermutlich war es ein Übersetzungsfehler, eine andere Erklärung gibt es nicht, nachdem ich mit der Mutter gesprochen habe.«
Unfallhergang bleibt spekulativ
Wie sich der Unglücksfall ereignet habe, werde wohl immer spekulativ bleiben, da es keine Videoaufnahmen oder Zeugen gebe, die den Vorfall beobachtet haben. Auch die Fließgeschwindigkeit und der Wasserpegel seien zu dieser Zeit noch anders gewesen.
Nachdem die Ermittlungen der Polizei abgeschlossen sind und das Obduktionsergebnis »Tod durch Ertrinken« lautete, konnte ein Fremdverschulden ausgeschlossen werden, so der Anwalt.
Aber da die Staatsanwaltschaft wegen »fahrlässiger« Tötung ermittle, werde deutlich, dass auch diese nicht der Überzeugung sei, dass es böse Absicht irgendeines Beteiligten war, so Kröger. »Die Mutter versucht nun, mit der Situation fertig zu werden. Aber es gibt mit Sicherheit keine schlimmere Strafe für eine Mutter als den Tod des Kindes.«
Das sagt die Staatsanwaltschaft
Der zuständige Staatsanwalt Ronny Stengel war für eine Stellungnahme nicht mehr zu erreichen. Gegenüber anderen Medien äußerte er sich jedoch dahingehend, dass die Staatsanwaltschaft in solchen Fällen jedem Anfangsverdacht nachgehen müsse.
Das Gesetz verpflichte dazu. Wenn die Staatsanwaltschaft davon ausgehe, dass das Kind allein zum Fluss gegangen und dort ertrunken sei, hätte die Mutter ihre Aufsichtspflicht verletzt - und sich somit der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht, wird Stengel zitiert. Sollte sich jedoch herausstellen, dass der Tod der Zweijährigen ein tragischer Unglücksfall war, bei dem die Verletzung der Aufsichtspflicht nur eine untergeordnete Rolle spiele, könne laut Stengel von einer Strafe auch gänzlich abgesehen werden. (SZ)