Viele Menschen in Baden-Württemberg können für sozialen Wohnraum Finanzhilfen erhalten - von nun an müssen sie aber erneut deutlich länger auf die Bewilligung warten. Das entsprechende Förderprogramm stoße auf derart großes Interesse, dass das Volumen von 580 Millionen Euro mit Anträgen bereits voll belegt ist, wie das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen am Montag mitteilte. Das bedeutet: Wenn alle bisherigen Anträge bewilligt würden, wären die Mittel für das laufende Jahr aufgebraucht.
Wie bereits in den vergangenen zwei Jahren kann es ab jetzt zu Verzögerungen kommen. 2022 hatte das Ministerium im August mitgeteilt, dass es mehr Anträge als Geld gibt. Im vergangenen Jahr waren die Mittel wegen des Rückstaus bereits im Mai aufgebraucht.
Bewilligung neuer Anträge erst 2025
Betroffen seien alle Förderlinien, also sowohl die soziale Förderung von Mietwohnungen als auch von selbstgenutztem Wohneigentum. Interessierte können demzufolge zwar weiterhin Anträge stellen. Diese würden auch von der L-Bank, die das Programm für das Land umsetzt, registriert und bearbeitet. Die Bewilligung werde aber in vielen Fällen voraussichtlich erst im kommenden Haushaltsjahr erfolgen können, hieß es.
Bauministerin Nicole Razavi (CDU) teilte mit, dass sie sich angesichts der großen Nachfrage zwar ein höheres Budget für die Förderung wünschen würde. Weit mehr als 90 Prozent der neuen Wohnungen würden aber auf dem freien Markt geschaffen. »Um also nachhaltig und in der Breite die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zu erleichtern, müssen Bauen und Sanieren einfacher, schneller und digitaler werden.«
Ihr zufolge handelt es sich bei den 580 Millionen Euro, die das Land gemeinsam mit dem Bund in diesem Jahr in sozialen Wohnraum investiert, um einen neuen Höchststand. Bislang sei 1993 am meisten in dem Bereich investiert worden. Die Landesregierung aus Grünen und CDU hatte das Förderprogramm 2022 deutlich ausgeweitet, um den sozialen Wohnungsbau voranzubringen. In den Jahren zuvor lag das Volumen bei jeweils rund 250 Millionen Euro.
Bauwirtschaft und DGB fordern Aufstockung
Rufe nach einer Aufstockung der Förderung kamen unter anderem von der Bauwirtschaft im Land: Der erneute Bewilligungsstopp zeige die Unterfinanzierung dieses wichtigen Bereichs, teilte Hauptgeschäftsführer Thomas Möller mit. Wie in den Vorjahren müssten Antragsteller erneut lange Wartezeiten in Kauf nehmen, um eine Förderzusage zu erhalten. In Zeiten von Wohnungsknappheit und hoher Mieten setze die Politik damit ein falsches Signal.
Der DGB Baden-Württemberg forderte ebenfalls mehr Fördergeld. »Bauwillige, die sozialen Wohnraum schaffen wollen, und Familien mit geringen Einkommen werden erneut auf das nächste Jahr vertröstet«, teilte die stellvertretende Landeschefin Maren Diebel-Ebers mit. Viele von ihnen würden ihre Pläne aufgeben. »So vergrößert sich die Wohnungsnot noch.«
© dpa-infocom, dpa:240624-99-511810/3