Sie sollen ihren Mitbewohner eingesperrt, misshandelt und schließlich getötet haben: Zu Beginn des Mordprozesses haben die beiden Angeklagten am Montagmorgen vor dem Ulmer Landgericht zu den Tatvorwürfen geschwiegen. Der 27 Jahre alten Frau und ihrem 24-jährigen Partner wird vorgeworfen, den gemeinsamen Mitbewohner und Ex-Freund der Frau in ihrem Haus in Laichingen getötet zu haben. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die beiden so tagelange, vorangegangene Misshandlungen verdecken wollten.
Die Verdächtige soll arbeitslos gewesen sein, aber keine Sozialleistungen bezogen haben. Ihren Lebensunterhalt bestritt sie laut Anklage durch finanzielle Zuwendungen sowohl des 31-Jährigen als auch ihres neuen Partners. Der Ex-Freund soll der Angeklagten hörig gewesen sein: Wenn sie Geld brauchte, soll er sie unterstützt haben - insgesamt mit mehr als 11.000 Euro.
Als der 31-Jährige das nicht mehr konnte, beschloss die Verdächtige nach Angaben der Staatsanwaltschaft, ihn dafür zu bestrafen. Demnach log sie ihren eifersüchtigen und jähzornigen neuen Partner an und erzählte ihm, dass ihr Ex-Freund sie angefasst habe.
Und das soll nicht ihre einzige Lüge gewesen sein: Laut Anklage soll sie ihrem Lebensgefährten auch erzählt haben, dass sie mit Zwillingen von ihm schwanger sei. Um ihre Aussage zu untermauern, soll sie Ultraschallbilder aus dem Internet so bearbeitet haben, dass persönliche Daten darauf nicht mehr erkennbar waren. Ein Mitarbeiter des Rettungsdienstes erklärte später in seiner Aussage, die Angeklagte habe gesagt, sie sei vom Opfer schwanger.
Das Paar soll den 31-Jährigen Ende Mai in seine Gewalt gebracht und zeitweise im Keller gefangengehalten haben. Der Mann durfte der Anklage zufolge nur unter Aufsicht des Beschuldigten in die Wohnung, sein Handy sei ihm abgenommen worden.
Der neue Partner steht im Verdacht, den 31-Jährigen gefesselt und mit einem Teleskopstock geschlagen zu haben. Auch die 27-Jährige soll ihn geohrfeigt haben. Als der Zustand des 31-Jährigen so schlecht war, dass er sofort einen Arzt gebraucht hätte, soll das Paar beschlossen haben, ihn zu töten. Der 24-Jährige steht im Verdacht, das Opfer Anfang Juni nachts im Wohnzimmer erwürgt zu haben.
Die Frau verließ laut Anklage den Raum, weil sie den Anblick nicht habe ertragen können. Erst nach der Tat soll ihr Partner sie angerufen und mitgeteilt haben, dass sie wieder ins Wohnzimmer kommen könne. Anschließend sollen sie den Rettungsdienst gerufen haben.
Den Einsatzkräften tischten sie laut Staatsanwaltschaft eine Lügengeschichte auf. Demnach erzählte der 24-Jährige, dass er von einem lauten Schlag aufgewacht sei. Den abgesetzten Notruf spielte die Kammer beim Prozessauftakt ab. Darin erklärte der 24-Jährige, dass sein Mitbewohner bewusstlos im Bad liege und am ganzen Körper »grün und blau geschlagen« sei, seine Partnerin und er wüssten nicht wovon. Gesehen hätten sie den 31-Jährigen seit drei Tagen nicht mehr. Immer wieder rief er das Opfer in der Aufnahme mit einem Spitznamen.
Die Sanitäter stellten nur noch den Tod des Opfers fest und riefen die Polizei zu dem Einsatz hinzu. Denn die Feststellungen, die sie vor Ort machten, passten nicht zusammen mit den Angaben der Angeklagten. Das erklärten Sanitäter im Zeugenstand. Zwei weitere Mitbewohner, die ebenfalls in dem Haus lebten, waren zur Zeit des Mordes nicht vor Ort. Das Urteil wird Mitte Februar erwartet.
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