Mit den Gedanken war Kevin Kampl bei seinem Nachwuchs. Zum zweiten Mal nacheinander hatte er den Geburtstag seines Sprösslings verpasst. Der Sohnemann dürfte aber darüber hinwegsehen können, denn das Fehlen des Papas hat sich rentiert. Schließlich erzielte Kevin Kampl am Samstag das entscheidende Tor beim 1:0 von RB Leipzig beim SC Freiburg. Die Sachsen kletterten auf den dritten Tabellenplatz der Fußball-Bundesliga und verschafften sich drei Spieltage vor dem Ende der Saison eine gute Ausgangslage für den Endspurt. Das Ziel ist klar: Die erneute Qualifikation für die Champions League hat oberste Priorität.
»Ich habe mich persönlich sehr gefreut«, sagte Kampl, der in der zweiten Halbzeit eingewechselt wurde und bei der Gala-Vorstellung im Halbfinale des DFB-Pokals am Dienstag wegen muskulärer Probleme in Freiburg noch gefehlt hatte (5:1). »Man ist da schon geknickt, weil der Kleine ja auch nicht versteht, warum Papa immer weg ist. Ich hoffe, er hat gesehen, dass es sich gelohnt hat.« Es war Kampls zweiter Treffer binnen drei Wochen, nachdem er zuvor fast drei Jahre lang kein Liga-Tor erzielt hatte.
Die Leipziger haben jetzt alles wieder in der eigenen Hand. Sie überholten in der Tabelle nicht nur den Sport-Club, der jetzt auf dem fünften Platz liegt. Auch der 1. FC Union Berlin fiel hinter RB zurück. »Wir haben jetzt einen Grundstein gelegt«, sagte Kampl. »Aber wir wissen, es kann ganz schnell wieder ganz anders laufen.«
Die Königsklasse für Leipzig noch wichtiger als das Pokalfinale in Berlin gegen Frankfurt. Das betonte Kampl auch am Sonntag bei »Bild« noch einmal. »Die Champions-League-Qualifikation ist extrem wichtig für uns«, sagte der 32-Jährige. »Am liebsten würden wir natürlich beides schaffen. Wenn man mich persönlich fragen würde, hat die Champions League mehr Priorität.«
Schon in der kommenden Woche kann der nächste große Schritt gemacht werden - mit Hilfe der Konkurrenz. Denn der 1. FC Union empfängt Freiburg am Samstag. Für Leipzig bedeutet diese Konstellation, dass sich die Jäger gegenseitig Punkte wegnehmen werden. »Für uns ist das super, weil wir ja auch noch bei den Bayern spielen«, sagte Nationalspieler Timo Werner. »Aber wenn man ehrlich ist, dann hätte der dritte Platz schon viel früher drin sein müssen. Wir haben eine Zeit lang sehr mies gespielt.«
Gerade noch rechtzeitig scheint diese Phase überwunden. Leipzig blieb in Freiburg geduldig und gewann nun sechs der zurückliegenden sieben Pflichtspiele. Neben dem Spiel in München stehen noch die Heimpartien gegen Werder Bremen am Sonntag und den Abstiegskandidaten FC Schalke 04 an. »Solange wir diese Partien gewinnen, kriegt uns keiner mehr vom benötigten Platz vier weg«, sagte Werner.
Um die Kaderplanung voranzutreiben, ist diese Endplatzierung Pflicht. Nur dann können Leistungsträger wie der spanische Nationalspieler Dani Olmo gehalten werden. RB ist auf einem guten Weg. Und mit einem Sieg am 3. Juni im Endspiel des DFB-Pokals gegen Eintracht Frankfurt könnten die Sachsen, so sagt es Kampl, aus einer »Saison, die okay ist, eine herausragende Saison« machen. Das wäre dann auch noch einmal ein zusätzliches Geburtstagsgeschenk für den Sohnemann daheim.
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