Mehr als ein Vierteljahrhundert nach der Gewalttat an einer Frau in Sindelfingen könnte ein Gericht am Donnerstag erneut ein Urteil über den Täter fällen. Zweifel an der Schuld des mittlerweile 72-jährigen Mannes gibt es zwar nicht, unklar ist aber, ob es sich bei der Tat um Mord oder um Totschlag handelt. Das wiederum wäre entscheidend dafür, ob das Verbrechen verjährt ist oder nicht.
Der Rentner sitzt bereits zum zweiten Mal wegen desselben Falls auf der Stuttgarter Anklagebank. Er war im Juli 2021 bereits von einer anderen Kammer des Landgerichts zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil er 1995 eine Frau an einem S-Bahnhof angegriffen und erstochen hatte. Das steht aus Sicht der Justiz auch weiterhin fest. Dem Bundesgerichtshof war aber das Mordmerkmal der Heimtücke nicht ausreichend bewiesen. Er hob das Urteil auf und verwies den Fall zurück.
Nach den nichtöffentlichen Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Nebenklage wird am heutigen Donnerstag (9.00 Uhr) auch die Verteidigung ihre Auslegungen hinter verschlossenen Türen formulieren. Das Urteil wird laut Gericht auf jeden Fall - und möglicherweise noch am selben Tag - öffentlich verkündet. Die Anklagevertreter und die Nebenklage hatten eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes gefordert. Die Nebenklage will zudem eine besondere Schwere der Schuld festgestellt haben. Der Täter könnte dann nur in einem Ausnahmefall schon nach 15 Jahren freikommen.
Der angeklagte Mann war schon im Jahr 2007 vom Landgericht Würzburg wegen Totschlags an einer Anhalterin aus Obersontheim (Kreis Schwäbisch Hall) verurteilt worden - auch damals erst im zweiten Anlauf nach einem Freispruch im ersten Prozess.
Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft
© dpa-infocom, dpa:230309-99-883078/2