Trainer André Breitenreiter ist bei der TSG 1899 Hoffenheim nach dem Absturz in den Abstiegskampf Medienberichten zufolge beurlaubt worden. Vom kriselnden Fußball-Bundesligist gab es dazu am Sonntagabend keine Bestätigung. Laut »Bild« und »Kicker« haben die Kraichgauer aber die Konsequenzen aus der Serie von zehn sieglosen Pflichtspielen mit dem 2:5 am Samstag beim VfL Bochum gezogen.
Zuvor hatte es in Zuzenhausen am Sonntag ein Krisengespräch mit der Geschäftsführung und Sportchef Alexander Rosen gegeben. »Fakt ist auf jeden Fall: Es muss etwas passieren«, hatte Breitenreiter in Bochum selbst gesagt. Er war als Meistertrainer des FC Zürich vergangenen Sommer in den Kraichgau gekommen, stand nach einem starken Liga-Start mit seiner Mannschaft zwischenzeitlich auf dem vierten Tabellenplatz - stürzte nun aber völlig ab und wirkt zunehmend ratlos. Die Hoffenheimer liegen als 14. nur drei Punkte vor dem Landesrivalen VfB Stuttgart auf dem Relegationsplatz, den bislang letzten Ligasieg gab es Mitte Oktober beim FC Schalke 04.
Breitenreiters Vertrag bei der TSG läuft bis zum 30. Juni 2024. In Bochum machte er seinem Ärger über sein schwaches Team mit deutlichen Worten Luft. »Das, was ich heute gesehen habe, kann ich in keinster Weise akzeptieren. Das hat nichts mit Profifußball zu tun«, sagte der frühere Chefcoach von Hannover 96 und Schalke 04 nach dem Debakel. »Das werde ich mir sicherlich so nicht mehr gefallen lassen.«
Rosen vermied da ein klares Bekenntnis zum Trainer, explizite Kritik an ihm übte er aber auch nicht. »Ich sage, es ist ein Thema, alles zu hinterfragen und zu diskutieren«, sagte der Manager auf die Frage, ob eine Trennung von Breitenreiter ein Thema sei. Die zehn Spiele ohne Sieg »geben uns allen keine Argumente. Ich sage bewusst: uns allen.« Mit Blick auf die ähnliche Misere in der vergangene Rückrunde unter Hoeneß, erklärte der 43-Jährige: »Es ist zu einfach, nur den einen zu nehmen. Vielleicht müssen wir hier mal größere Fragen stellen.«
Auch in Mehrheitseigner Dietmar Hopp hatte Breitenreiter offensichtlich keine Unterstützung mehr angesichts der Talfahrt. Der 82 Jahre alte Mäzen und Milliardär hatte schon bei der Mitgliederversammlung im vergangenen Sommer gewettert, dass die verpasste Europa-League-Teilnahme den Verein etwa 20 Millionen Euro kosten würde, der verpasste Sprung in die Champions League »noch viel, viel mehr«. Damals hatte Sebastian Hoeneß nach einer ähnlichen Negativserie, wie sie jetzt sein Nachfolger Breitenreiter verantwortet, gehen müssen.
Schon länger gibt es Kritik an der TSG, dass sie für die Fußballprofis so etwas wie eine Wohlfühloase ist. Der selbst ernannte Ausbildungsverein, der kürzlich den französischen Stürmer Georginio Rutter für bis 40 Millionen Euro an Leeds United verkauft hat, gilt für viele als Sprungbrett. Oder für langjährige Spieler, die nicht mehr zu einem ganz großen Club gehen werden, als sichere Karrierestation.
Der trainingsfreie Montag wurde - unabhängig von der Trainerfrage - für Kapitän Oliver Baumann und Co. erstmal gestrichen. Auch in Bochum zeigte die TSG eklatante Abwehrschwächen, obwohl erst kürzlich John Anthony Brooks verpflichtet wurde. Den dänischen WM-Stürmer Kasper Dolberg und den Ex-Dortmunder Thomas Delaney hatte Rosen ebenfalls nachverpflichtet. Immer häufiger muss sich der Direktor Profifußball kurz vor seinem zehnjährigen Dienstjubiläum Anfang April fragen lassen, ob er die Mannschaft richtig zusammengestellt hat. Ob sie auch Abstiegskampf kann, ist eine ganz andere Frage.
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