STUTTGART. In Scharen strömen sie schon morgens zum Messegelände, und was sie erwartet, können sie schon bei der Anmeldung zum Muddy Angel Run sehen, wenn sich direkt nebenan bereits die ersten Gruppen ins Tauchbecken stürzen und durch die Schlammgrube robben. »O Gott!«, rutscht da einer Mittdreißigerin heraus, womit sie aber die absolute Ausnahme ist. »Bock auf Matsch« hat dagegen Jasmin (27) aus Wellendingen bei Rottweil, und ihre Freundin Monja (30) versichert: »Wir sind richtig heiß drauf.« Aufgeheizt durch ihre zu Hause gebliebenen Männer: »Die glauben nicht, dass wir das schaffen!«
Krankenwagen im Einsatz
»Scheidungsgrund!«, tönte es da vom Trio nebenan, das schon durch ist, entsprechend durchnässt und verschlammt und ein bisschen fröstelnd. Sie waren in der ersten Startergruppe gewesen, haben die Fünf-Kilometer-Schleife mit 16 Hindernissen in knapp zwei Stunden durchgezogen, nach einer längeren Unterbrechung, weil sie mit der Vierten im Bunde, die sich beim Sprung vom Kletterelement ein Knie verdreht hatte, auf den Krankenwagen warten mussten. »Matsch-Rosinen« nennt sich die Gruppe aus Donaueschingen, »weil wir Mamas sind und schrumpelig wie Rosinen«. Sie kriegen sich kaum ein vor Lachen bei so viel Selbstironie. Jetzt aber wollen sie »nur noch eine Dusche und ein Bier« – und bloß nicht das Souvenir für die verletzte Hanna vergessen! Zwei kleine Flatschen Matsch, von Josephine unterwegs »im BH gesichert«.
Es ist die Euphorie der Gruppe, mit der sie sich hier »in die Challenge« stürzen, den Adrenalin-Kick suchen und zusammen Spaß haben wollen. Einzelkämpferinnen sind nicht zu finden: »Wir Frauen müssen zusammenstehen, darum geht es hier ja auch«, betont Melanie aus Oberensingen, stößt sich aber daran, dass von den 53 Euro Start-Geld »nur ein Euro an den guten Zweck geht«, an Brustkrebs Deutschland e. V. Vor Ort bestätigt Teamleiterin Louisa Rieger den Betrag, betont »volle Transparenz« und bittet um Verständnis: »Das ist keine Charity-Veranstaltung, wir sind ein Unternehmen, das hohe operative Kosten zu stemmen« habe. Allein die Miete fürs Gelände betrage »eine stolze Summe«. Der Vermutung, dass sei wohl knapp sechsstellig, will sie nicht widersprechen. Dafür verweist sie auf 600.000 Euro Spendengeld »für die gute Sache«.
Teilnehmerin bricht in Tränen aus
Die ist auch am Start kurz Thema, wo im 20-Minuten-Takt 300 Frauen »in Wellen« auf die Strecke gehen. Mit der Veranstaltung gehe es auch darum, »das Tabu-Thema Brustkrebs aus der Ecke rauszuholen«. Als einer Betroffenen die Tränen rinnen, wird sie von Umstehenden umarmt, lange prasselt der Beifall. Frisch geduscht, sortiert auf der Heimfahrt in der S-Bahn ein Quartett aus Bietigheim seine Erlebnisse. Mega-Spaß habe der Matsch-Run gemacht. Ob aber am freien Samstag nicht auch ein anderer Spaß denkbar wäre? Da reckt eine Starterin die Faust und zeigt Muckis: »Hey, wir sind keine Tussis! Wir sind alle Mamis, mit deinen Kindern musst du auch mal in den Matsch. Alles klar?« Selbstverständlich, alles klar!
Wer nächstes Jahr dann beim Muddy Angel Run in Stuttgart selbst starten will, kann ab heute um 12 Uhr online Tickets buchen. (GEA)