Eine mögliche Gasmangellage treibt die Unternehmen nach Einschätzung der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) im Südwesten nach wie vor um. »Die Frage der Verfügbarkeit bleibt ja noch bestehen«, sagte Landeschefin Catharina Clay der Deutschen Presse-Agentur. Solange Kohle und Atom nicht durch Erneuerbare Energien kompensiert werden könnten, brauche man die Brücke Gas. »Das große Fragzeichen ist: Wie wird der Standort Deutschland in dieser Gemengelage künftig konkurrenzfähig sein?«
Ob die Bundeshilfen und auch die kürzlich gestarteten Hilfen des Landes Baden-Württemberg ausreichen, werde sich je nachdem wie sich das Thema über den Winter entwickelt zeigen. »Wir haben viele Betriebe, die sich darauf einstellen, möglicherweise in Kurzarbeit zu gehen.« Einige Firmen im Südwesten hätten auf Öl umgestellt, um Alternativen zu haben. Andere - wie etwa der Hygienepapierhersteller Essity in Mannheim - trieben den Aufbau von LNG-Terminals voran.
Gerade die chemische Industrie stehe am Anfang vieler industrieller Lieferketten, sagte Clay. »Wenn Kunststoffe nicht produziert werden können, dann haben wir ein Problem beim Abpacken von Lebensmitteln. Wenn keine Glasampullen für Impfstoff hergestellt werden können, dann kommen wir in Probleme mit der medizinischen Versorgung.« Es sei richtig, den Betrieben zu helfen, wenn ihre Zukunftsfähigkeit durch die hohen Energiepreise in Gefahr gerät.
Die Gewerkschaft, die für den Montag zu einer Energiekonferenz unter anderem mit Politikern und Unternehmensvertretern in Karlsruhe lädt, pocht aber auch auf die Beschäftigungssicherung vor Ort. »Wenn die Unternehmen Subventionen aus Steuergeldern erhalten, dann muss auch sichergestellt sein, dass sie hier am Standort in die Zukunft investieren und Arbeitsplätze sichern«, forderte Clay. In der kürzlich verbreiteten Pressemitteilung des Wirtschaftsministeriums zum Start von Liquiditätshilfen für kleine und mittlere Unternehmen sei etwa zum Thema Beschäftigungssicherung kein Wort gefallen.
Die IG BCE in Baden-Württemberg vertritt nach eigenen Angaben rund 150.000 Industriebeschäftigte aus den Bereichen Chemie und Pharma, Papier, Kunststoff, Glas oder Keramik. Mit einem Anteil von 10 Prozent am Gesamtumsatz gehört die chemische Industrie laut Wirtschaftsministerium zu den drei größten Branchen des verarbeitenden Gewerbes in Baden-Württemberg.
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